So langsam wird's unübersichtlich! Zwölf Jahre nach seinem Terror-Klassiker „The Texas Chainsaw Massacre" von 1974 setzte Regisseur Tobe Hooper die Story um die degenerierte Sawyer-Familie und ihren motorsägenschwingenden Sprössling Leatherface in „The Texas Chainsaw Massacre 2" als schwarzhumoriges Splatter-Fest selbst fort. Jeff Burrs „Leatherface: Texas Chainsaw Massacre III" war 1990 zwar eine weitere Fortsetzung, zugleich aber auch ein Reboot, schließlich hatten Leatherface und seine Familie das Finale des Vorgängers nicht überlebt. In der Kino-Kuriosität „Texas Chainsaw Massacre: Die Rückkehr" (mit Matthew McConaughey & Renee Zellweger) wurden dann weitere vier Jahre später zwar die Geschehnisse der vorherigen Filme anerkannt, zugleich war der Film aber auch ein Quasi-Remake des Originals. Eine echte Neuverfilmung kam dann 2003 mit „Michael Bay's Texas Chainsaw Massacre", dem wiederum mit „Texas Chainsaw Massacre: The Beginning" ein eigenes Prequel folgte. Man muss schon ein Horror-Verrückter sein, um da noch den Durchblick zu behalten. Und da ist es im Prinzip eine gute Sache, wenn der neueste Beitrag im Kettensägen-Universum fünf Minuten nach dem legendären Finale des 74er-Originals einsetzt und alle anderen Filme geflissentlich ignoriert werden. Leider bietet die Gewaltorgie „Texas Chainsaw Massacre - The Legend Is Back" von John Luessenhop („Takers") darüber hinaus nichts, was Nicht-Hardcore-Fans den (Wieder-)Einstieg in die berüchtigte Horror-Reihe schmackhaft machen würde.
„Texas Chainsaw Massacre - The Legend Is Back" beginnt mit Szenen aus dem Original „The Texas Chainsaw Massacre", an dessen Ende das Final-Girl Sally (Marilyn Burns) fliehen kann, während ihr Leatherface wütend seine Motorsäge hinterherreckt (metaphorisch als Penisersatz, wie in unzähligen Studienaufsätzen bereits bis zum Erbrechen erläutert wurde). Kurz darauf setzt die eigentliche Handlung ein: Der alarmierte Sheriff Hooper (Thom Barry) verlangt von den Sawyers die Herausgabe von Leatherface. Doch gerade als die Familie zustimmt, taucht ein Hillbilly-Lynchmob auf und brennt das Sawyer-Domizil nieder und fast die gesamte Sippe kommt in den Flammen ums Leben. Nur ein kleines Baby-Mädchen überlebt und wird daraufhin von zwei der Lynchmob-Teilnehmer adoptiert. 20 Jahre später: Die Supermarkt-Schlachterin Heather Miller (Alexandra Daddario) erbt von ihrer ihr unbekannten Großmutter ein Anwesen in Texas. Als sie mit ihrem Freund Ryan (Trey Songz), der Schlampe Nikki (Tania Raymonde), dem Koch Kenny (Keram Malicki-Sanchez) und dem Anhalter Darryl (Shaun Sipos) dort aufschlägt, wartet im Weinkeller hinter einer dicken Stahltür allerdings bereits das schiere Grauen auf sie...
Das originale „Texas Chainsaw Massacre" war in Deutschland von 1985 bis September 2011 wegen Gewaltverherrlichung beschlagnahmt (durfte also nicht verkauft werden). Viel spannender als das 26 Jahre dauernde rechtliche Hin und Her zwischen Rechteinhabern und Behörden ist jedoch die ursprüngliche Beschlagnahmungsbegründung des Richters - die bringt schließlich auf den Punkt, warum der Film eben kein dummdreister Gewaltschrott ist, sondern seinen Klassikerstatus vollkommen zu Recht innehat: In dem juristischen Text werden nämlich etliche Szenen ausführlich beschrieben, die im Film gar nicht vorkommen! Die Gewaltakte werden auf der Leinwand allenfalls angedeutet, spielen sich anschließend aber lediglich in der Vorstellung des Betrachters ab: erschütterndes Terror-(Kopf-)Kino, wie man es besser kaum inszenieren kann! Bei „Texas Chainsaw Massacre - The Legend Is Back" braucht nun hingegen niemand Angst haben, dass erneut ein Richter in ähnlicher Weise Mist bauen könnte. Ganz im Gegenteil: In dem Film gibt es nicht einen einzigen Gewaltakt, bei dem die Kamera nicht bis zum bitteren Ende frontal draufhält.
Das allein zeugt zwar nicht gerade von inszenatorischer Eleganz, aber wäre für sich genommen auch nicht weiter schlimm. Aber die Gewaltexzesse (eine Person wird am Schlachterhaken aufgehängt und dann in der Mitte mit einer Kettensäge durchtrennt) sind ähnlich antiklimatisch eingestreut wie die Sexszenen in einem 08/15-Porno und auch sonst hat der Film nichts zu bieten: Die Figuren sind unsympathisch und austauschbar, bereits die miserablen Animationen von Blut und Feuer verhindern das Aufkommen von Spannung und der Handlungsaufbau ist erst stinklangweilig und später, wenn sich die Autoren dann doch noch mal an etwas Neues heranwagen, geradezu lächerlich löchrig.
Auch die Darsteller können den eklatanten Schwächen in der Figurenzeichnung nichts entgegensetzen, lediglich Hauptdarstellerin Alexandra Daddario („Percy Jackson – Diebe im Olymp") entwickelt einen gewissen Charme. Allerdings macht die Auswahl ihrer Klamotten schnell klar, dass sie wohl kaum wegen ihres schauspielerischen Talents engagiert wurde, sondern einzig und allein, weil sich ihre stattliche Oberweite in 3D gut macht. Apropos 3D: Auch wenn bereits der Titel dieses Feature vollmundig ankündigt, gibt es im ganzen Film allenfalls ein bis zwei Minuten, in denen die dritte Dimension überhaupt eine Rolle spielt (und die haben ausschließlich mit fliegenden Kettensägen und wippenden Brüsten zu tun). Im Übrigen haben die Macher gar nicht erst versucht, aus dem 3D-Effekt noch etwas herauszuholen, in den meisten Szenen kann man die Brille sogar ruhigen Gewissens absetzen und merkt bis auf eine minimale Unschärfe nicht einmal einen Unterschied. Zumindest sitzen die enggestreuten Schockeffekte - aber für die muss man ja auch nur an der richtigen Stelle den Ton aufdrehen.
Achtung: Der folgende Absatz offenbart die zentrale Wendung von „Texas Chainsaw Massacre - The Legend Is Back". Wer trotz aller bisherigen Warnungen noch immer vorhat, sich den Film anzuschauen, sollte also direkt zum Fazit weiterspringen!
Im letzten Drittel des Films trauen sich die Macher zumindest mal etwas. Heather erfährt, was vor 20 Jahren tatsächlich geschah und dass Leatherface ihr Cousin ist. Plötzlich ist nicht länger Leatherface, der dem Feuer auf unerklärte Weise doch entkommen ist, die Ausgeburt des Bösen, sondern der inzwischen zum Bürgermeister aufgestiegene Burt Hartmann (Paul Rae), der damals den Lynchmob angeführt hat. Diese moderne Hommage an den Horror-Überklassiker „Frankenstein", in dem ja auch nicht das Monster, sondern der mistgabelschwingende Mob (in „Texas Chainsaw Massacre - The Legend Is Back" gibt es extra auch eine Mistgabel-Aufspießung) das pure Böse repräsentiert, hätte auch durchaus spannend werden können. Aber weder die Drehbuchautoren noch die Darsteller vermögen Heathers Wandlung zur mordbereiten Leatherface-Ersatzmutter auch nur für eine Sekunde glaubhaft erscheinen zu lassen. Das Ergebnis: unfreiwillige Komik (nicht der guten Art!) und auch im finalen Drittel weiterhin nur müdes Gähnen.
Fazit: Blut und Brüste in 3D! Der Rest ist – trotz einer im Kern spannenden Idee - nicht der Rede wert.