Langsam zeichnet sich ein Muster ab: Nach den Drehbüchern zu „Good Will Hunting" (mit Kumpel Ben Affleck) und „Gerry" (mit Kumpel Casey Affleck) hat Matt Damon nun auch sein drittes Skript gemeinsam mit einem guten Schauspieler-Freund (diesmal: „The Office"-Star John Krasinski) verfasst. Und nachdem Damons Vorhaben, bei „Promised Land" erstmals selbst Regie zu führen, an Terminschwierigkeiten gescheitert ist, hat – genau wie bei den beiden anderen Filmen - auch diesmal schließlich Gus Van Sant („Elephant") die Inszenierung übernommen. Weil das Duo Damon/Van Sant mit „Good Will Hunting" bereits zwei Oscars und sieben weitere Nominierungen abgestaubt hat, wurde auch das Erdgas-Drama „Promised Land" lange als möglicher Awards-Kandidat gehandelt. Diese Erwartung konnte der mitunter allzu lehrhafte Anti-Fracking-Film zwar nicht erfüllen, trotzdem überzeugt „Promised Land" als stimmiges Porträt eines Idealisten, der von einem Moment auf den anderen feststellen muss, dass er doch gar nicht „der Gute" ist, für den er sich immer gehalten hat.
Der aufstrebende Junggeselle Steve Butler (Matt Damon) und die alleinerziehende Mutter Sue Thomason (Frances McDormand) arbeiten für einen amerikanischen Gaskonzern. Ihre Aufgabe: ländliche Ortschaften aufsuchen und den ansässigen Bauern die Bohrrechte für das tief unter ihren Grundstücken lagernde Erdgas abkaufen. Kein anderes Team hat auch nur annähernd eine ähnlich hohe Erfolgsrate wie die beiden, was vor allem daran liegt, dass Steve selbst auf einer pleitegegangenen Farm aufgewachsen ist und sich deshalb in die finanziell klammen Landbesitzer sehr gut hineinversetzen kann. Doch dann wiegelt plötzlich der Umweltschützer Dustin Noble (John Krasinksi) die örtliche Bevölkerung gegen die vermeintlichen Heilsbringer auf: Das bei der Gasgewinnung eingesetzte Fracking-Verfahren berge unbeherrschbare Gefahren, die man auf keinen Fall in Kauf nehmen dürfe, egal wie viel einem der Konzern dafür auch bezahle...
Wer Erdgas fördern will, muss zunächst einmal ein tiefes Loch bohren. Anschließend müssen noch Millionen mit verschiedenen bekannten und geheimen Chemikalien versetzte Liter Wasser hinterhergeschossen werden, um die Gesteinsschichten dort unten für das Erdgas durchlässig zu machen – erst dann lohnt sich das Ganze auch wirtschaftlich. Dieses Verfahren wird Fracking genannt. Während sich alle einig sind, dass Erdgas eine vergleichsweise saubere Energieform ist, gehen die Meinungen zur Fördermethode weit auseinander: Die Erdgaskonzerne verkaufen das Fracking als narrensicher, zugleich häufen sich jedoch die Beschwerden über tote Tiere, kranke Menschen und brennbares (!) Leitungswasser in Fracking-Gebieten. Wer sich für die Gefahren des Fracking genauer interessiert, sollte sich am besten Josh Fox‘ oscarnominierte und sehr eindringliche Dokumentation „GasLand" anschauen, in Gus van Sants Spielfilm werden diese Hintergründe dagegen vergleichsweise oberflächlich abgehandelt.
Trotzdem ist „Promised Land" keineswegs ein überflüssiger Film. Denn im Mittelpunkt steht mit Steve Butler eine überraschend komplexe Figur, die allein schon das Anschauen lohnt. Während man bei einem so offen gegen Fracking eingestellten Film wie „Promised Land" eigentlich davon ausgegangen wäre, dass die Vertreter der Gasindustrie antagonisiert und zu Klischee-Kapitalisten abgestempelt werden, entpuppt sich Matt Damons Steve Butler als das genaue Gegenteil: Ohne jede Verlogenheit glaubt er fest daran, den Bauern etwas Gutes zu tun. Er wünscht sich sogar, dass in seiner Kindheit jemand wie er vorbeigekommen und die elterliche Farm vor dem Ruin bewahrt hätte. Wenn Umweltbedenken ins Spiel gebracht werden, vertraut er seinem Unternehmen, das die Kläger als Betrüger hinstellt, die alle nur einen schnellen Dollar verdienen und üppigen Schadensersatz absahnen wollen.
Erst nach und nach erkennt Steve, was er den besuchten Orten und seinen Bewohnern wirklich antut – und damit bricht für ihn eine ganze Welt zusammen. Matt Damon („Bourne"-Trilogie) ist wie gewohnt saustark, gerade weil er sein unwiderstehliches Charisma dieses Mal einer Figur leiht, die es eigentlich gar nicht verdient hätte. Dieser komplexere Ansatz verleiht der Kritik am Fracking nicht nur einen wirkungsvolleren Punch, er macht „Promised Land" auch zu einem deutlich besseren Film. Erst mit der ebenso überraschenden wie überflüssigen Schlusswendung, die einen großen Teil der Handlung nachträglich noch einmal auf den Kopf stellt, werfen die Macher auf der Zielgeraden dann plötzlich doch noch jede Ambivalenz über Bord. Das wäre wirklich nicht nötig gewesen.
Fazit: Auch wenn es in „Promised Land" vordergründig darum geht, auf die Machenschaften der Erdgas-Industrie aufmerksam zu machen, ist es zuallererst Matt Damons starkes Porträt eines zweifelnden Idealisten, das hier nachhaltig für Eindruck sorgt.
P.S.: Wer nun glaubt, Fracking sei ein rein amerikanisches Problem, sollte sich besser mal diesen Artikel der „Zeit" anschauen.