Als Baum Groot zeigte uns Vin Diesel in „Guardians Of The Galaxy“, dass er mit einem auf nur drei Worte begrenzten Vokabular („Ich bin Groot“) eine ausdrucksstarke und überraschend vielschichtige Figur erschaffen kann. Im Vergleich dazu wirkt seine wohl berühmteste Rolle als Bleifuß Dom Toretto in den „Fast And Furious“-Filmen geradezu eindimensional, was der Star allerdings mit Coolness und Charisma ausgleicht. Auf dem Papier vereint der Part des unsterblichen Hexenjägers Kaulder, den Diesel nun in Breck Eisners übernatürlichem Fantasy-Film „The Last Witch Hunter“ verkörpert, die Stärken des Schauspielers in einer Mischung aus Action und Emotion. Doch was sich in der Theorie durchaus vielversprechend anhört, führt am Ende bekanntlich längst nicht immer zu guten Ergebnissen: Regisseur Eisner („Sahara“, „The Crazies“) verliert sich immer wieder in effektelastigem Fantasy-Brimborium und auch Vin Diesel vermag dem teils hanebüchenen Hexen-Hokuspokus kaum etwas entgegenzusetzen. Als Startschuss zu einem angedachten neuen Franchise ist „The Last Witch Hunter“ zu unausgegoren und sein Protagonist zu blass, aber mit vielen mal amüsanten, mal beeindruckenden Einzelheiten und einigen wahrhaft spektakulären Sequenzen bietet die 90-Millionen-Dollar-Produktion trotzdem akzeptable Unterhaltung für Genre-Fans.
Im 13. Jahrhundert sorgt die Hexenkönigin (Julie Engelbrecht) dafür, dass der Schwarze Tod die Menschheit heimsucht - auch die Frau und die Tochter des Kriegers Kaulder (Vin Diesel) hat sie auf dem Gewissen. Es gelingt ihm die böse Herrscherin zu töten, aber sie belegt ihn im Gegenzug mit dem Fluch der Unsterblichkeit. 800 Jahre später gibt es immer noch Hexen auf der Erde. Sie haben sich dazu verpflichtet, keine Magie gegen Menschen einzusetzen. Über die Einhaltung der Regeln wacht die katholische Bruderschaft Axt & Kreuz, deren wichtigste Waffe der unsterbliche Kaulder ist. Mit dem 36. Dolan (Michael Caine), einem priesterlichen Ratgeber, an seiner Seite tritt er als letzter Hexenjäger gegen die Mächte des Bösen an. Kurz nachdem der Dolan sich zur Ruhe gesetzt und das Zepter an Nr. 37 (Elijah Wood) übergeben hat, wird er ermordet. Der Hexenjäger wittert eine Verschwörung und will einem entscheidenden Hinweis aus seiner Vergangenheit mit einem magischen Erinnerungstrunk auf die Spur kommen, den ihm die gute Hexe Chloe (Rose Leslie) zusammenbraut. Doch der brutale Warlord Belial (Olafur Darri Olafsson) durchkreuzt seine Pläne: Finstere Kräfte bereiten die Rückkehr der Hexenkönigin vor, das Überleben der Menschheit ist in Gefahr …
Der „Dungeons & Dragons“-Fan Vin Diesel ist auch als Co-Produzent an „The Last Witch Hunter“ beteiligt und es lässt sich gut erkennen, was den Star an dem Projekt gereizt hat – neben dem schnittigen Aston Martin natürlich, mit dem der Autofreak hier durch Manhattan beziehungsweise durch das New-York-Double Pittsburgh kurvt: mittelalterliche Flüche, flammende Schwerter, furchteinflößende Kreaturen (imposant ist vor allem der Wächter der Königin, ein Monster aus Knochen), magische Fähigkeiten und knifflige Aufgaben. Was die Drehbuchautoren hier angerührt haben, erinnert bis in die eigenwillige Dramaturgie hinein an ein Rollenspiel - immer wieder werden unvermittelt neue Elemente eingeführt, als hätte jemand eine Aktionskarte vom Stapel gezogen oder eine Anweisung vom Spielleiter bekommen. Das hat manchmal durchaus Charme wie bei der Einführung des Traumwandelns gerade im rechten Moment. Die etwas sprunghafte Erzählweise geht aber vor allem zu Lasten der Figuren: Die Hexen und ihre Handlanger sind nur durch Look und Design interessant, den einfachen Menschen bleibt lediglich die bemühte Miene zum oberflächlichen Spiel: Bei Michael Caine („The Dark Knight“) blitzt großväterliche Würde auf, bei Elijah Wood („Der Herr der Ringe“) verhuschtes Außenseitertum und bei „Game Of Thrones“-Star Rose Leslie immerhin ein wenig kantige Eigenwilligkeit. Und der Protagonist besitzt kaum mehr Profil als die Nebenfiguren.
Im langgezogenen und sehr unübersichtlichen mittelalterlichen Action-Prolog trägt Vin Diesel eine wilde Haar- und Barttracht, die er mit dem Sprung in die Gegenwart gegen das gewohnte kahlköpfige und glattrasierte Erscheinungsbild eintauscht: Kaulder sitzt in einem Flugzeug, wo ein Hexen-Teenager mit Wetterrunen für Turbulenzen sorgt. Nach dieser spaßigen Sequenz, in der Diesel spürbar in seinem selbstironischen Element ist, geht der Hauptfigur und mit ihr dem ganzen Film die Leichtigkeit jedoch schnell verloren, ohne dass der nun weitgehend düstere Tonfall mit einer tatsächlichen Ernsthaftigkeit einhergehen würde. So wird der Leidensdruck des einzigen ewig Lebenden unter all den Sterblichen kaum vermittelt – es muss reichen, dass Kaulder gerne an alten Uhren rumbastelt. Vom metaphysischen Raunen eines „Highlander“ sind wir hier genauso weit entfernt wie von einem launig-unbekümmerten Gemetzel nach Art von „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“. Diesel entledigt sich seiner Aufgabe dabei geradezu unauffällig, so spielt auch er letztlich nur die zweite Geige gegenüber den Fantasy-Elementen. Die Effekte sind dann auch mehr als solide, die Spezialisten haben eine Menge zu tun: Mitreißend sind besonders ein Insektensturm über Manhattan und die handfeste Action-Demontage einer Hexen-Bar, während der apokalyptische Showdown epische Ausmaße hat. Doch zu dem Zeitpunkt sind Regisseur Breck Eisner, der den ursprünglich vorgesehenen Timur Bekmambetov („Wanted“) ersetzt hat, die erzählerischen Zügel längst entglitten.
Fazit: Durchschnittliches Fantasy-Spektakel mit einem blassen Vin Diesel.