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    Stadt Land Fluss
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Stadt Land Fluss
    Von Christian Horn

    Bei Benjamin Cantus‘ Langfilmdebüt „Stadt, Land, Fluss" bietet sich die Floskel „authentisch" förmlich an. Mit einer zwischen Dokumentar- und Spielfilm mäandernden Inszenierung entwirft der Regisseur eine Atmosphäre der „Authentizität", die stets die Figuren und eben nicht den filmischen Apparat in den Mittelpunkt rückt. Mit seinem Coming-Out-Jugenddrama „Stadt, Land, Fluss" ist Cantu ein kluger, kleiner Film gelungen.

    Jacob (Kai Michael Müller, „Knallhart") weiß nicht so recht, was er will, und lässt auf eine abgebrochene Lehre zum Bankangestellten ein Praktikum in einem Landwirtschaftsbetrieb folgen. Dort trifft der Jugendliche den Auszubildenden Marko (Lukas Steltner, „Für den unbekannten Hund"), der im Betriebsalltag eine selbstgewählte Außenseiterposition innehat. Recht zaghaft und ohne viele Worte kommen die beiden in Kontakt, bis ein gegenseitiges Interesse aufkeimt, das kaum merklich den Beginn einer Liebesbeziehung markiert. Vor allem Marko hadert mit dieser Situation: Was denken wohl die Kollegen?

    Was „Stadt, Land, Fluss" auszeichnet, ist die glückliche Verbindung der fiktionalen Geschichte mit dokumentarischen Beobachtungen. Die wirklichen Mitarbeiter und Auszubildenden des Landwirtschaftsbetriebs verkörpern die Nebenfiguren und es ist in der Tat eine Art Praktikum, das die beiden Schauspieler Kai Michael Müller und Lukas Steltner während der Dreharbeiten in Brandenburg durchlaufen haben. Benjamin Cantu zeigt die beiden bei alltäglichen Arbeiten wie dem Sortieren von Mohrrüben oder dem Markieren der Kühe mit Identifikationsnummern; in Kombination mit der starken Kameraarbeit von Alexander Gheorghiu („Glücksformeln") entsteht der Eindruck dokumentarischer Authentizität, der stark an Valeska Grisebachs Berliner-Schule-Kleinod „Sehnsucht" erinnert.

    Dabei gehen die dokumentarischen und fiktionalen Elemente von „Stadt, Land, Fluss" so gut zusammen, dass keines davon je die Oberhand gewinnt oder dem anderen im Weg steht. Dass sich Benjamin Cantu zudem als guter Geschichtenerzähler erweist, macht den Film über sein inszenatorisches Grundkonzept hinaus interessant. Der Regisseur, der auch das skizzenhaft angelegte Drehbuch verfasst hat, erzählt zugleich subtil und eindeutig. Wiederholt findet er metaphorische, unaufdringlich poetische Bilder für die Situation der beiden Jungs: Einmal unternimmt Marko den Versuch, eine scheue Katze anzulocken, die symbolisch für den verschlossenen Jakob steht. In einer anderen Szene zeigt das Bild die Wasserfontäne einer Sprinkleranlage zu Klaviermusik, im Hintergrund der Himmel – was sich furchtbar kitschig liest, funktioniert dabei hervorragend als Sinnbild für das Flüchtige in der Beziehung der beiden Protagonisten.

    Das Wasser ist ein zentrales Motiv von „Stadt, Land, Fluss", denn die aufkeimende Liebe zwischen Jakob und Marko erscheint lange Zeit genauso wenig greifbar wie das flüssige Element Wasser. Erst gegen Ende wechselt die Liebesbeziehung zwischen Jakob und Marko den Aggregatzustand. Ein gemeinsamer Ausflug in die Berliner Innenstadt entkrampft die emotionale Verwirrung der beiden. Zwar schauen die Jungs auch hier verstohlen um die Ecke, wenn sie sich küssen. Doch außerhalb der Alltäglichkeit erfährt die Situation der beiden eine Klärung, die „Stadt, Land, Fluss" in ein berührend-versöhnliches Schlussbild überführt.

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