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    Maze Runner - Die Auserwählten im Labyrinth
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Maze Runner - Die Auserwählten im Labyrinth
    Von Christoph Petersen

    Hätten J.J. Abrams, Jeffrey Lieber und Damon Lindelof „Lost“ damals nicht als TV-Serie, sondern als Kinofilm realisiert, dann wäre womöglich so etwas wie der Mystery-Actioner „Maze Runner – Die Auserwählten im Labyrinth“ herausgekommen. Wie in der kultigen Knobelserie stranden die erinnerungslosen Protagonisten in Wes Balls Verfilmung des Jugendbuch-Bestsellers „Die Auserwählten – Im Labyrinth“ von James Dashner (der auch für die Fortsetzungen „Die Auserwählten – In der Brandwüste“ und „Die Auserwählten – In der Todeszone“ verantwortlich zeichnet) an einem abgelegenen, wie aus der Welt gefallenen Ort - allerdings nicht auf einer einsamen Insel, sondern in einem Stück Wald, das von einem scheinbar undurchdringlichen Labyrinth umgeben ist. Und es gibt noch eine weitere Parallele: Nachdem der Zuschauer die ganze Zeit fieberhaft-fleißig mitgerätselt hat, was hinter dem surrealen Szenario denn alles stecken könnte, wird die Auflösung von „Maze Runner“ das Publikum ähnlich spalten wie vor einigen Jahren das vieldiskutierte Finale von „Lost“.

    Der Teenager Thomas (Dylan O’Brien, „Teen Wolf“) erwacht in einem heraufsausenden Aufzug und kann sich an nichts mehr erinnern, nicht einmal an seinen eigenen Namen. Oben angekommen, wird er von einer Gruppe etwa gleichaltriger Jungen in Empfang genommen, die dieses Schauspiel offenbar schon gewohnt sind. Denn wie Thomas bald erfährt, kommt einmal im Monat ein Neuankömmling samt frischen Vorräten mit dem Fahrstuhl zu ihnen auf die Lichtung. Der allererste Junge war Alby (Aml Ameen, „Der Butler“), der einen ganzen Monat alleine überleben musste und nun als Anführer der Gruppe fungiert. Eine noch wichtigere Funktion haben allerdings die sogenannten Läufer, die jeden Tag aufs Neue das die Lichtung umgebende Labyrinth mit seinen sich immer wieder verschiebenden Wänden erkunden, um vielleicht doch noch einen Ausweg zu finden. Aber der Job bringt nicht nur großes Prestige mit sich, er ist auch extrem gefährlich. Denn jeden Abend schließen sich die gewaltigen Tore zu dem Beton-Irrgarten und es ist noch niemandem gelungen, eine Nacht in dem Labyrinth lebend zu überstehen…

    „Maze Runner“ wurde wiederholt als Mix aus „Die Tribute von Panem“ (= Young-Adult-Action) und „Herr der Fliegen“ (Jugendliche müssen ihre eigene Gesellschaft errichten) beschrieben. Aber auch wenn man mit dieser Einordnung insgesamt nicht völlig daneben liegt, gibt es doch einen großen Unterschied zu William Goldings Klassiker: Denn während die Kinder-Zivilisation in „Herr der Fliegen“ bekanntlich grandios scheitert, schlagen sich die Teenager in „Maze Runner“ erstaunlich gut und man schaut ihnen bei ihrem XXL-Zeltlager-Abenteuer gerne über die Schultern. Es hätten sogar ruhig noch ein paar Beschreibungen des Lichtung-Alltags mehr sein dürfen, aber nach der vergleichsweise ruhigen ersten halben Stunde schiebt sich eben doch immer mehr die Action in den Vordergrund – und für die hat das Studio 20th Century Fox das passende Personal verpflichtet: Nachdem ursprünglich Catherine Hardwicke („Twilight – Biss zum Morgengrauen“) die Inszenierung übernehmen sollte, konnte sich nämlich schließlich doch Wes Ball mit seinem vielbeachteten, vor allem visuell und atmosphärisch beeindruckenden Animationskurzfilm „Ruin“ (den ihr euch unterhalb dieses Absatzes ansehen könnt, es lohnt sich!) für den Regieposten empfehlen.

    Der 30-Millionen-Blockbuster hält was der komplett selbstproduzierte Kurzfilm verspricht: Nicht nur erinnert das Labyrinth aus „Maze Runner“ mit seinen überwucherten Wänden optisch an die postapokalyptischen Betonfassaden aus „Ruin“ (eine Langfilm-Version dazu ist bereits in Arbeit), auch sind die Actionsequenzen in Balls Hollywood-Debüt – selbst ohne Motorrad – wieder extrem intensiv geraten. Neben dem Labyrinth selbst mit seinen zuschnellenden Metallplatten und verschiebbaren Wänden (es wird sich oft in letzter Sekunde irgendwo durchgequetscht) gibt es dabei zwar nur eine einzige Art Widersacher, nämlich die sogenannten Griewer, aber wenn ein Irrgarten schon nur einen Typ von „Monster“ bereithält, dann sind diese spinnenartigen Roboter-Viecher ganz sicher nicht die schlechteste Wahl! Zudem haben die Griewer noch den netten Nebeneffekt, dass der unerklärliche Mix aus biologischen und technologischen Komponenten, aus dem sie bestehen, alle möglichen Theorien über die Lichtung nur noch weiter befeuert.

    Am Ende geht dann plötzlich alles ganz schnell, zumindest für den buchunkundigen Zuschauer sogar ein wenig zu schnell. Nicht dass man den Geschehnissen inhaltlich nicht folgen könnte, aber nachdem sich der Zuschauer mehr als eineinhalb Stunden den Kopf über Sinn und Unsinn des Labyrinths zerbrochen hat, würde man den finalen Aha-Moment gerne ein wenig länger und nachhaltiger auskosten, doch stattdessen wird noch schnell die Überleitung zur Fortsetzung abgehandelt. Da fällt dann leider auch der ein oder andere Todesfall (das Abmurksen selbst bedeutender Nebenfiguren ist hier insgesamt ähnlich konsequent wie in der „Panem“-Reihe und für das fest eingeplante Sequel muss sich Ball erst einmal eine halbe neue Besetzung suchen) am Ende weniger emotional aus, als es die Figuren eigentlich verdient hätten. Dafür ist die Auflösung an sich tatsächlich recht geschickt angelegt: Der finale Twist lüftet ebenso viele Mysterien wie er neue Fragen aufwirft. Gerade diese relative Offenheit ist immer Geschmackssache, aber das Ganze ist in sich soweit schlüssig, dass niemand fluchend aus dem Kinosaal stürmen muss. Vielmehr darf man sich durchaus darauf freuen, in den Fortsetzungen, an denen bereits fleißig gearbeitet wird, auch die offenbar ziemlich abgefuckte Welt außerhalb der Labyrinth-Mauern zu erforschen.

    Fazit: Spannende, visuell beeindruckende Mystery-Action mit einem etwas überhasteten Finale.

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