Nein, es handelt sich nicht um einen Aprilscherz, diesen Film gibt es tatsächlich! Immer wieder tauchten im Internet haarsträubende Gerüchte und Fake-Trailer zu einer möglichen Fortsetzung von James Camerons Mega-Blockbuster „Titanic" auf, wie zuletzt ein vierminütiges Video-Mashup zu dem fiktiven Film „Titanic – Two the Surface", der bei Fans des Papiertaschentuchvernichters für rege Begeisterung sorgte. Doch Shane Van Dyke macht jetzt Ernst. Im Auftrag der berüchtigten Mockbuster-Schmiede The Asylum beschert er uns mit „Titanic 2 – Die Rückkehr" augenscheinlich das lang erwartete Sequel und hat nicht nur die Regie, sondern gleich noch das Drehbuch und die Hauptrolle übernommen. Die Low-Budget-Produktion muss freilich ohne den selbsternannten König der Welt, James Cameron, auskommen und auch sonst wurden gefühlt zahllose Abstriche gemacht. Zunächst ist aber die Frage, wie man einen Film wie „Titanic" überhaupt fortsetzen kann, viel interessanter, denn schließlich liegt das berühmte Schiff zusammen mit der Hauptfigur Jack Dawson auf dem Meeresgrund. Van Dyke hat eine simple Lösung: Man baut einfach eine neue Titanic und setzt das ganze 100 Jahre später in der Gegenwart an.
Im April 2012, zum 100. Jubiläum der Jungfernfahrt der Titanic, sticht der reiche Playboy Hayden Walsh (Shane Van Dyke) mit einer genau nachgebildeten Replik des Originalschiffs in See, das passenderweise den Namen Titanic 2 trägt und auf derselben Route wie sein Vorgänger Richtung New York unterwegs ist. Mit an Bord des Luxuskreuzers ist auch Amy Maine (Marie Westbrook), die Ex-Freundin von Hayden, die zugleich als Schiffshostess für das Wohl der Passagiere zuständig ist. Das erste schlechte Omen (neben Namenswahl, Route und Zeitpunkt) entpuppt sich bereits nach dem Ablegen: Die Wassertemperatur ist genauso hoch wie vor 100 Jahren. Aber kein Grund zur Sorge, schließlich befindet man sich auf dem sichersten Schiff der Welt und trotz ihres Retro-Looks hat die Titanic 2 der Original-Titanic einiges voraus. Wie zum Beispiel Sensoren, die vor nahenden Eisbergen warnen und so ein ähnliches Unglück wie vor 100 Jahren unmöglich machen sollen. Aber weit gefehlt: Wenn die Titanic nicht zum Eisberg kommt, muss der Eisberg eben zur Titanic kommen – der Klimawandel macht's möglich. Durch die globale Erwärmung brechen große Teile aus dem grönländischen Helheim-Gletscher und verursachen einen Tsunami, der einen riesigen Eisberg in Richtung des Luxusliners treibt...
Dass es sich bei „Titanic 2 – Die Rückkehr" nicht um ein kulturhistorisches Kinoepos handelt, liegt auf der Hand. Shane Van Dyke liefert Trash der übelsten Sorte ab. Mit dem Original von James Cameron hat das „Sequel" bloß noch den Eisberg gemein. Man hätte genauso gut die Queen Mary, die übrigens für den Film Modell stand und nur um einen Schornstein erweitert wurde, versenken können – die Handlung ist auf so ziemlich jedes Kreuzfahrtschiff übertragbar und weist nur in den Grundzügen Parallelen zu Camerons Vorlage auf. So entflammt die verblichene Romanze zwischen Hayden und Amy zwar aufs Neue, die großen Gefühle bleiben aber aus: Van Dyke setzt den Schwerpunkt auf Action. Die Eisberg-Begegnung soll dabei nur der Anfang der Katastrophe gewesen sein: Ein zweiter Tsunami folgt gleich nach, um auch noch die Rettungsboote dem Meeresboden gleich zumachen. Und zwar, während Hayden und Amy eine Rettungsaktion auf dem sinkenden Ozeanriesen starten, deren Höhepunkte doch tatsächlich die Überwindung eines wildgewordenen Stromkabels markiert.
Van Dyke gelingt es zu keinem Zeitpunkt, Spannung zu erzeugen - von irgendeiner Glaubwürdigkeit ganz zu schweigen. Sein Versuch, einen Katastrophenfilm mit überdeutlicher Öko-Botschaft zu inszenieren, scheitert auf ganzer Linie. Fatalerweise verzichtet er dabei auch weitestgehend auf ein ironisches Augenzwinkern. Amüsante Dialogzeilen wie „Und Zucker bis die Wale kotzen!" sind äußerst rar. Die uninspirierte und scheinbar unabhängig vom Geschehen vor sich hin dudelnde Musikuntermalung macht den Schund dann auch nicht mehr besser. Lediglich die auffallend schlechten Spezialeffekte, die sich nicht mal mit der TV-Wettervorhersage messen können und einen nostalgischen 90er-Jahre-Charme versprühen, regen anfangs noch zum Schmunzeln an. Schade, denn die aberwitzige Story um einen Eisberg, der nach kilometerlanger Reise über den weiten Ozean zielsicher die zweite Titanic versenkt, bietet eigentlich alle Grundvoraussetzungen, die für ein spaßiges Trashfilmchen nötig gewesen wären.