Schon 2001 feierten Superstar Denzel Washington und Regisseur Antoine Fuqua mit ihrem harten Cop-Thriller „Training Day“ einen gemeinsamen Erfolg, der mit dem Oscar-Gewinn des Schauspielers gekrönt wurde. 13 Jahre später kommt es nun endlich zu einer erneuten Zusammenarbeit des Duos. Als Washington das Drehbuch zu einer sehr freien Kinoadaption der 80er-Jahre-TV-Serie „Der Equalizer“ in die Hände bekam, dachte er sofort an Fuqua als geeigneten Regisseur. Dieser überzeugte seinerseits schnell die Produzenten mit seiner Idee für die Umsetzung der ungewöhnlichen Actionszenen. Die kurzen Sequenzen, in denen der selbst meist unbewaffnete Titelheld erst sein Umfeld und seine Gegner sowie deren Schwachpunkte taxiert und dann in schneller Folge, schonungslos und ultrabrutal zuschlägt, erinnern ein wenig an die „Sherlock Holmes“-Filme von Guy Ritchie und sind neben dem charismatischen Hauptdarsteller nun auch die Prunkstücke von „The Equalizer“ - doch zwischen diesen brillanten Momenten gibt es in Fuquas überlangem Action-Film ungemein viel Leerlauf.
Das Leben von Robert McCall (Denzel Washington) ist eine einzige Routine, in der alles genauestens geregelt ist, der Baumarkt-Angestellte stoppt sogar morgens im Bad die Zeit. Jede Nacht besucht er das gleiche Diner, wo er liest, Tee trinkt und ein paar Worte mit der jungen Prostituierten Teri (Chloë Grace Moretz) wechselt. Als Teri eines Tages nicht erscheint und McCall erfährt, dass ihr Zuhälter Slavi (David Meunier) sie krankenhausreif geprügelt hat, kratzt er sein ganzes Geld zusammen, sucht den Gangster auf und bietet ihm an, die junge Frau freizukaufen. Slavi hat nur Spott für Robert übrig, aber da legt er sich mit dem Falschen an: Nur wenige Sekunden später liegen der Zuhälter und seine Männer tot auf dem Boden. Der korrupte Cop Marsters (David Harbour) fürchtet beim Anblick der Leichen, dass ein Bandenkrieg ausgebrochen ist, denn nun betritt der psychopathische Teddy (Martin Csokas), hochintelligenter und skrupelloser Top-Vollstrecker der russischen Mafia, die Bildfläche. Der kommt schnell hinter die wahren Zusammenhänge und macht McCall ausfindig, doch auch Teddy ahnt nicht, mit wem er sich da anlegt: Der scheinbar harmlose Angestellte führte früher ein Leben als perfekt funktionierende Tötungsmaschine…
Denzel Washington, Regisseur Antoine Fuqua und Autor Richard Wenk („The Expendables 2“) ist sichtlich daran gelegen, eine mysteriöse Aura um die Figur Robert McCall aufzubauen. Wer ist dieser Mann? Warum tötet er so eiskalt und brutal (einmal rammt er seinem Widersacher einen Korkenzieher durch den Kiefer)? Und wo hat der vermeintliche Baumarktmitarbeiter das gelernt? Diese Fragen sollen sich nicht nur seine Gegner, sondern auch der Zuschauer stellen. Das funktioniert zu Beginn sehr gut, mit vielen kleinen Andeutungen wird die Spannung zunächst hochgehalten, aber dann folgt bald ein Bruch: In einem gemeinsamen kurzen Auftritt von Bill Pullman („Independence Day“) und Melissa Leo („The Fighter“) wird plötzlich die Vergangenheit von McCall im Zeitraffer enthüllt. Und das ist nicht die einzige Inkonsequenz in „The Equalizer“. So kommt Fuquas Film als stilbewusst-grimmiger, trotz des Fabelkönnens des Helden auf Realismus getrimmter Action-Reißer daher, ehe all dies mit einer einzigen Szene dann ebenfalls ad absurdum geführt wird: Das Klischee vom coolen Action-Helden, der in seinem Rücken eine Explosion zurücklässt, sie keines Blickes würdigt und nicht einmal mit der Wimper zuckt wurde von Andy Sambergs Comedy-Gruppe Lonely Island in ihrem Song „Cool Guys Don't Look At Explosions” bereits wunderbar parodiert, doch nun setzt Fuqua mit einem auf die Spitze getriebenen Feuerwerk noch einen drauf und pfeift auf jeden Realismus.
Die Uneinheitlichkeit ist in diesem Film geradezu eine Konstante: Da versuchen zwei Kollegen zu erraten, welchen Beruf McCall vor seiner Zeit im Baumarkt ausgeübt hat, nach zwei amüsanten Einschüben fällt dieser Running Gag mit Potenzial aber plötzlich weg. Und während neben McCalls Art, im wahrsten Sinne des Wortes kurzen Prozess mit seinen Gegnern zu machen, auch sonst fast alles an „The Equalizer“ nach einem knackigen Old-School-Actionfest schreit und Fuqua sogar noch Aussparungen vornimmt (etwa wenn er nur zeigt, wie McCall einen riesigen Hammer nach getaner „Arbeit“ gereinigt in den Markt zurückbringt), beträgt die Laufzeit über zwei Stunden. Da hilft McCall dem übergewichtigen Kollegen beim Abspecken, macht ein paar korrupten Cops die Hölle heißt oder es wird zum wiederholten Mal verdeutlicht, was für ein Psychopath Teddy ist. Solche Füllszenen gibt es einfach zu viele, mögen sie auch im Einzelnen teilweise sehr gut gelungen sein. Immer wieder tritt Fuqua stark auf die Bremse, schaltet in den Leerlauf und lässt seinen Film – um im Bild zu bleiben – einfach nur so rollen. Und so trägt auch der verpatzte Erzählrhythmus im Ganzen zum Eindruck der Inkonsequenz bei, aber trotzdem überwiegen die starken Seiten.
McCall ist einer jener Action-Heroen, die ihr Umfeld immer genau im Blick haben, jeden Raum, den sie betreten, geradezu scannen. Das mit filmischen Mitteln darzustellen, ist schwierig, aber Fuqua findet eine hervorragende Lösung: Eine leichte Zeitlupe, dazu ein kurzer Zoom auf eins von McCalls Augen, schließlich der Fokus auf Gegenstände und Gegner im Raum. Dabei werden durch die Montage Relationen aufgezeigt und Paare gebildet, so bekommt man als Zuschauer auf überaus dynamische Weise einen Eindruck davon, wie es in McCalls Gehirn rattert, wie er berechnet, in welcher Zeit und auf welche Art er die verschiedenen Hindernisse aus dem Weg räumen will, ehe er sein Vorhaben dann unverzüglich und blitzschnell umsetzt. Als besonderen Clou sagt er vorher noch die voraussichtliche Dauer der Aktion in Sekunden an. Die Kampfszenen sind hier nicht nur größtenteils sehr gelungen, sondern für einen Mainstream-Actionfilm auch ungewöhnlich hart, außerdem verdient sich Denzel Washington einmal mehr Bestnoten. Neben seinem Equalizer mit der zugleich bedrohlichen und anziehenden Aura bleiben die anderen allerdings Figuren nur Beiwerk – selbst Chloë Grace Moretz („Kick-Ass“) hat nur eine überraschend kleine Rolle. Am Ende bleibt ein leises Gefühl der Enttäuschung zurück, dafür steht der selbstverständlich im Baumarkt stattfindende Showdown noch einmal stellvertretend, denn die Möglichkeiten dieses Schauplatzes werden zu großen Teilen verschenkt.
Fazit: „The Equalizer“ ist ein solider Actionfilm mit einem starkem Hauptdarsteller und vielen guten Einzelszenen, aber auch mit deutlichen Längen und blassen Nebenfiguren.