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    The Hunter
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Hunter
    Von Lars-Christian Daniels

    Der Tasmanische Tiger – auch unter dem Namen Beutelwolf oder Beuteltiger bekannt – gilt seit den 1930er Jahren als ausgestorben. Das größte fleischfressende Beuteltier, das je auf dem australischen Kontinent gelebt hat, liefert aber bis heute reichlich Stoff für Ammenmärchen: Immer wieder berichten Touristen und Hobbyforscher von angeblichen Sichtungen des gestreiften Vierbeiners – glaubwürdige Foto- oder gar Videobeweise aus dem tasmanischen Dschungel konnte aber auch im Zeitalter von YouTube und Smartphones noch niemand liefern. Der australische TV-Regisseur Daniel Nettheim verarbeitet eben diese Legende nun in einem prominent besetzten Abenteuerthriller: Kein Geringerer als Willem Dafoe („Platoon", „Antichrist") begibt sich in „The Hunter" als einsamer Jäger auf die Suche nach dem berühmten Raubtier. Doch Obacht: Die Kinoadaption des gleichnamigen Romans von Julia Leigh („Sleeping Beauty"), die hierzulande direkt in den Videotheken landet, punktet weniger als packendes Actionabenteuer, sondern eher als Familiendrama und One-Man-Show des glänzend aufgelegten Dafoe, der Nettheims Leinwanddebüt von Beginn an seinen Stempel aufdrückt.

    Der Söldner Martin David (Willem Dafoe), eigentlich auf das Jagen und Eliminieren von Menschen spezialisiert, wird von einem Biotech-Konzern in die tasmanische Wildnis geschickt. Sein Auftrag: Den seit Jahrzehnten ausgestorbenen Beuteltiger zu finden, der zuletzt wieder gesichtet wurde. David soll das scheue Tier töten, Proben seines Genmaterials sicherstellen und danach alle Spuren verwischen. Vor Ort quartiert sich der Eigenbrötler und Überlebenskünstler zunächst als Untermieter bei der verwitweten Lucy Armstrong (Frances O'Connor) und ihren zwei Kindern Sass (Morgana Davies) und Bike (Finn Woodlock) ein - der Ehemann war bei einer ähnlichen Expedition ums Leben gekommen. Tipps für seine Jagd erhält David von Jack Mindy (Sam Neill), einem Freund der Familie. Er startet regelmäßige Expeditionen in das teilweise noch unerforschte Dickicht – und stolpert schon bald über erste Spuren des Tigers...

    Filmvergnügen ist immer auch eine Frage der Erwartungshaltung – daher sei noch einmal ausdrücklich gewarnt: „The Hunter" schildert zwar vordergründig die abenteuerliche Jagd auf den begehrten Beuteltiger, entpuppt sich aber vor allem als Charakterstudie. Nur etwa ein Drittel der Handlung spielt sich in der tasmanischen Wildnis ab: Martin David verbringt einen Großteil seiner Zeit im Haus der Armstrongs und wächst dort langsam in die ungewohnte Rolle des Ersatzvaters und –ehemanns hinein. Der anfangs noch wortkarge Profijäger genießt das gemeinsame Bad mit Lucys aufgeweckten Kindern, repariert fachmännisch den Stromgenerator und bringt auch gleich das selbstinstallierte Soundsystem im Garten auf Vordermann. Drehbuchautorin Alice Addison konzentriert sich n lange darauf, ihren mürrischen Protagonisten charakterlich auszuloten und im Kreise der Armstrongs auftauen zu lassen. Ein wenig auf der Strecke bleibt dabei der argwöhnische Jack, der mit Sam Neill („Jurassic Park") zudem ein paar Jahre zu jung besetzt wurde und die Handlung nicht wirklich voranbringt.

    Fans von Willem Dafoe, der sich vor den Dreharbeiten unter Anleitung eines Survival-Experten akribisch auf seine Urwaldrolle vorbereitete, kommen hingegen voll auf ihre Kosten: Der auffallend ausgemergelte Amerikaner ist diesmal in einer Rolle zu sehen, die ihm großen Entfaltungsspielraum bietet, obwohl sie deutlich weniger exzentrisch ausfällt als sein Green Goblin in „Spider-Man" oder gar sein FBI-Agent Smecker in „Der blutige Pfad Gottes". Dafoe nutzt neben dem Zusammenspiel mit den Jungdarstellern Morgana Davies („The Tree") und Finn Woodlock vor allem die zermürbenden Wartesequenzen in den tasmanischen Wäldern dazu, seine schauspielerischen Qualitäten in die Waagschale zu werfen. Es dauert allerdings geschlagene siebzig Minuten, bis die Spannungskurve zum ersten Mal spürbar nach oben ausschlägt: Dann liefert sich der Jäger nicht etwa mit dem Beuteltiger, sondern mit einem auf ihn angesetzten Profikiller (Callan Mulvey) ein elektrisierendes Mann-gegen-Mann-Duell, das aber zugleich den dramaturgischen Höhepunkt des Films vorwegnimmt.

    Den hochspannenden Kampf auf Leben und Tod inszeniert Nettheim deutlich packender als Davids erste und einzige Begegnung mit dem Objekt seiner Begierde. Einen echten tasmanischen Tiger vor die Kamera zu kriegen, das gestaltet sich naturgemäß schwer, daher musste das ausgestorbene Beuteltier digital erstellt werden. Weil das Budget für „The Hunter" aber knapp bemessen ist und gute visuelle Effekte bekanntlich Geld kosten, lässt der CGI-Tiger optisch leider arg zu wünschen übrig. Der erhabene Moment, in dem der ausgepowerte Jäger zum ersten Mal seiner kostbaren Beute in die Augen blickt, büßt durch die offensichtliche Computertechnik große Teile seiner Magie ein. Wenig magisch gestaltet sich auch der schmalzige Schlussakkord, der sich nicht recht mit der bis dato eingeschlagenen, oft rauen Erzählweise in Einklang bringen lassen will.

    Fazit: „The Hunter" könnte Zuschauer, die einen echten Thriller erwarten, vor den Kopf stoßen – interessant ist Daniel Nettheims Leinwanddebüt aber allemal. Willem Dafoe nutzt das gemächliche Tempo für eine Kostprobe seines schauspielerischen Facettenreichtums und liefert in den tasmanischen Wäldern eine wirklich sehenswerte One-Man-Show ab.

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