Bevor Uwe Boll die scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten des so genannten „Stupid Money“ für sich entdeckte, bevor er den deutschen Finanzmarkt mit Filmfonds überschwemmte und sich auf miserabel inszenierte Genreproduktionen spezialisierte, verfolgte er mit seinem Low-Budget-Erstling „German Fried Movie“, bei dem er zusammen mit Franz Lustig die Regie übernahm, noch ernsthafte Filmemacher-Ambitionen. Und weil das Ergebnis so nicht nur filmisch komplett misslungen ist, was man bei einem privat selbstfinanzierten Projekt noch hätte akzeptieren können, sondern der Zuschauer auch noch Bolls arrogante Proll-Weltsicht auf bestenfalls Stammtischniveau über sich ergehen lassen muss, ist sein missratener Versuch einer Mediensatire der wohl unerträglichste Boll-Film überhaupt. Und das will bei einem stupiden Schulhofmassaker (Heart Of America), einer komplett unlustigen Uni-Comedy (Das erste Semester) und dem am unbeholfensten inszenierten Actioner der letzten Jahre (Alone In The Dark) nun wirklich schon etwas heißen.
„German Fried Movie“ ist der einzige Boll-Film, der zumindest von seiner Grundidee her durchaus positive Ansätze erkennen lässt. So besteht die Rahmenhandlung aus einem Jogginganzug-Säufer, der sich den lieben langen Tag wahllos Fernsehsendungen reinzieht. Und tatsächlich hätten einige der erdachten Programme wirklich Potential für eine bitterböse Satire. Zum Beispiel gibt es eine Show, in der Selbstmörder begleitet werden, die dann, falls sie sich doch noch umentscheiden, kurzerhand von der Brücke gestoßen werden. Oder eine, wo die Kandidaten mit ihren erlittenen Schicksalsschlägen möglichst viel Mitleid vom Publikum erhaschen müssen, um den großen Preis zu gewinnen. Das Tor zur beißenden Kritik am immer zynischer werdenden TV ist also himmelweit geöffnet. Aber Boll erreicht bei der Umsetzung dieser Ideen nie das Niveau einer Satire, sondern macht alles, mit dem er persönlich nichts anfangen kann, auf der allerniedrigsten, meist beleidigenden, oft sogar menschenverachtenden Schiene nieder.
Besonders deutlich wird dies bei einem Auftritt des „Danger Seekers“, ein von Boll selbst dargestellter Journalist, der sich in „gefährliche“ Situationen begibt: Er führt bei einem betrunkenen Obdachlosen einen Biertest durch, lässt ihn also mehrere Biere verköstigen und dann die Marke raten. Und als ob das nicht schon abartig genug wäre, verabschiedet er ihn auch noch mit dem kecken Spruch: “Schöne Jacke die sie da haben. Hat das Geschäft aber nicht mehr in ihrer Größe gehabt, oder?“ Genau so verachtend geht Boll auch an einigen anderen Stellen mit sozial Schwächeren um. Das hat nicht einmal im Ansatz etwas mit Satire zu tun, sondern deutet eher darauf hin, dass Boll hier irgendwelche eigenen Defizite zu überdecken versucht. Kompensation???
Nicht nur Arme, auch Ausländer scheinen in Bolls Visier geraten zu sein. So muss man sich in einer Werbespot-Parodie für eine Kurzstreckenrakete zum Hausgebrauch folgenden Spruch anhören: Falls ihr Nachbar, der Pole, oder ein anderer Irrer mal wieder durchdreht. Natürlich hat ein solcher Tiefschlag, zumal wenn er nur in einem Nebensatz versteckt wird, nichts mit Satire zu tun, sondern dürfte Boll lediglich die grölende Bestätigung gewisser rechtsgerichteter Stammtische einbringen. Und der farbige Staatschef eines nicht näher bezeichneten Landes interessiert sich nicht für den „German Dream“ “Germany For Germans Only“, sondern nur für den Wert der Fernsehrkamera, der das Bruttosozialprodukt seiner Nation übersteigt, welches ja eh nur für Bürgerkrieg und Korruption draufgeht. Kompensation???
Frauen haben im Kino eh einen schweren Stand, immerhin sind nur knapp 1/3 aller Sprechrollen weiblich. Aber wie sie in „German Fried Movie“ behandelt werden, ist dann wirklich nicht mehr zu akzeptieren: Egal ob sexbesessen, betrunken oder drogenabhängig – Hauptsache sie lassen sich in jeder Szene willig ficken. Und die einzigen, die nicht sofort den nächsten Schwanz in den Mund nehmen, sind zwei kommunistische Lesben. Eine besorgte Anruferin einer Sex-Hotline: “Ich kann meinem Mann nicht kniend einen blasen!“ „Warum denn nicht, wäscht er sich etwa nicht?“ „Nein, das nicht, aber ich habe keine Beine!“ Dieser Gag ist ebenso unlustig, wie er tief blicken lässt. Kompensation???
Es ist ungewiss, wie weit Bolls Einsicht mittlerweile bereits gediegen ist, dass er vielleicht doch nicht der größte Filmemacher aller Zeiten ist. Aber zu Beginn seiner Karriere hielt er sich ganz offensichtlich für die Regie-Offenbarung schlechthin. So hat er es auch nie verkraftet, dass er seinen Film komplett aus eigener Tasche zahlen musste, während der von ihm für minderwertig erachtete „Manta – Der Film“ von Christian Timm mit 1.2 Millionen DM von der Filmförderung unterstützt wurde. Deshalb crasht er in „German Fried Movie“ als „Danger Seeker“ die „Manta“-Premiere und versucht, Darsteller und Macher bloßzustellen. Regisseur Timm unterstellt er, die Hälfte des Budgets in Monaco verzockt zu haben, und Hauptdarstellerin Nadeshda Brennicke bekommt zu hören, sie hätte die Rolle doch nur sexuellen Affären zu verdanken. Leider ist das aber weder komisch, entlarvend oder gar investigativ. Vielmehr wirkt Boll in diesen Szenen eher wie ein modernes, wildgewordenes Rumpelstilzchen. Und hier kann man die Fragezeichen getrost weglassen: Kompensation!!!