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    Hooligans 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    0,5
    katastrophal
    Hooligans 2
    Von Julian Unkel

    Die jüngsten Ausschreitungen bei den Derbys Karlsruhe gegen Stuttgart, Schalke gegen Dortmund und St. Pauli gegen Rostock zeigen deutlich, dass auch im deutschen Fußball die Gewaltbereitschaft einiger Fanorganisationen längst ein beunruhigendes Level erreicht hat. Die Grenze zwischen Ultràs, bei denen die Unterstützung des Vereins noch im Vordergrund steht, und gewalttätigen Hooligans verschwimmt immer mehr. Die bleibende internationale Aktualität des Themas hat inzwischen auch einige Filme wie etwa die in Fankreisen hochgelobten The Football Factory und Hooligans hervorgebracht, die sich bemühen, ein differenziertes Bild der englischen Hooliganszene und ihren Firms genannten Gruppierungen zu zeichnen. Von Jesse V. Johnsons Sequel zu „Hooligans“ lässt sich dies nun beim besten Willen nicht mehr behaupten. „Hooligans 2“ hat mit dem Vorgänger kaum etwas gemein und ist nicht mehr als eine tumbe Aneinanderreihung von langweilig abgefilmten Schlägereien.

    Nach einer tödlichen Auseinandersetzung zweier Firms der Londoner Clubs West Ham United und FC Millwall landen Mitglieder beider Seiten im Gefängnis. Für Dave (Ross McCall, der einzige Darsteller des Sequels, der auch im Vorgänger mitgespielt hat), Keith (Luke Massy) und Ned (Nick Holender), die zur Hooligan-Organisation Green Street Elite von West Ham United gehören, spitzt sich die Lage weiter zu, als sie in ein anderes Zuchthaus verlegt werden. Hier hat nämlich der Anführer der Millwall-Anhänger, Big Marc (Graham McTavish), unterstützt von der korrupten Aufseherin Mavis (Martina Sirtis) das Sagen. Die West-Ham-Fans sind klar in der Unterzahl und werden täglich von anderen Häftlingen attackiert. Als einige Insassen wegen Überfüllung des Gefängnisses vorzeitig entlassen werden sollen, bietet sich für Dave, Keith und Ned eine einmalige Chance: Den Gewinnern eines Fußballspiels zwischen ihnen und den Jungs von Big Marc winkt die Freiheit…

    Dass „Hooligans“ mit dem von Elijah Wood verkörperten Harvard-Studenten Matt Buckner eine amerikanische Hauptfigur vorwies, war offenbar noch nicht genug, um auch in den USA größeres Interesse für den Film zu wecken. Die Fortsetzung ist daher noch deutlich stärker auf den amerikanischen Markt zugeschnitten. Das beginnt damit, dass auf alles, was über eine rudimentäre Erklärung für das Verhalten der Firm-Mitglieder hinausgeht, verzichtet wurde. Abgesehen von einem kurzen Eröffnungsmonolog, der den Bogen zum Vorgänger spannt, bleiben die Hintergründe der Hooliganszene unbeleuchtet. Die Firms sind daher vollkommen austauschbar, für die Geschichte würde es keinen Unterschied machen, wenn es sich bei ihnen um beliebige rivalisierende Straßengangs handeln würde - und tatsächlich erinnern die Chelsea-Anhänger zu Beginn des Films auch stark an eine Latinogang, wie man sie aus amerikanischen Genrefilmen zur Genüge kennt. Die Amerikanisierung geht aber noch weiter: Nicht nur wurde ein Großteil der Rollen mit amerikanischen Schauspielern besetzt, die sich nun vergeblich an einem glaubwürdigen britischen Akzent abmühen, auch der Drehort ist offenbar ein amerikanisches Gefängnis (inklusive der berühmten orangenen Sträflingsuniformen), das die Setdesigner lediglich mit Hilfe von notdürftigen und zudem auch noch falschen (!) Beschriftungen in eine englische Strafanstalt umzuwandeln versucht haben.

    Dass dem Film somit jegliche Glaubwürdigkeit fehlt, wäre noch zu verzeihen, wenn er denn wenigstens als simpler Knast-Actioner etwas hermachen würde. Doch auch losgelöst von seiner titelgebenden Thematik ist „Hooligans 2“ ein Totalausfall. In seinem Drehbuch spinnt sich T. Jay O’Brien eine hanebüchene und substanzfreie Story zurecht, die mit stupiden Dialogen und klischeebeladenen Charakteren daherkommt. Höhepunkt in Sachen unfreiwilliger Komik ist die Logik, mit der ein Fußballspiel ohne Regeln zum probaten Mittel für die Entscheidung über eine vorzeitige Entlassung erklärt wird. Dass hier sogar mit der gelungenen Resozialisierung der ausgesuchten Sträflinge argumentiert wird, die sich dann während des Spiels mit aller Brutalität gegenseitig die Köpfe einschlagen, ist nur noch lächerlich. Besonders ärgerlich ist auch die Charakterentwicklung, die auf jede Ambivalenz verzichtet und stattdessen auf plakative Schwarz-Weiß-Malerei setzt: Da sind auf der einen Seite die „guten“ Hooligans, die unter der Willkür des Aufsichtspersonals und den ständigen Übergriffen der Millwall-Fans leiden. Auf der anderen Seite stehen die „bösen“ Hooligans und die korrupte Oberaufseherin, die natürlich selbst in kriminelle Machenschaften verstrickt ist. Dass die Green-Street-Elite-Mitglieder im Film aber genauso als stumpfe Schläger und ähnlich unsympathisch rüberkommen, entzieht der simplifizierenden Gut-gegen-Böse-Dramaturgie von Beginn an jede Grundlage.

    Den Regiestuhl hat der in B-Movie-Kreisen bereits bekannte Jesse Johnson (The 5th Commandment) übernommen, bei dessen bisheriger Filmographie man sicherlich kein allzu anspruchsvolles Kino erwarten durfte. Doch während Johnson bei seinen früheren Filmen zumindest ein Händchen für brauchbare Actionszenen bewiesen hat, versagt er bei „Hooligans 2“ selbst in dieser Disziplin. Die ständigen Prügeleinlagen entpuppen sich in der Regel schnell als unübersichtliches Rudelgekloppe, das zwar mit Blut nicht geizt, dem aber jede Dynamik und überlegte Choreographie fehlt. Selbst das finale Fußballmatch, das ohne Regeln ausgetragen wird und somit das Potenzial für eine intensive Actionszene hätte, ist dermaßen statisch und spannungsarm inszeniert, dass es bereits nach wenigen Spielzügen nur noch langweilt.

    Fazit: „Hooligans 2“ ist eine unsäglich dumme, selbstzweckhafte Prügelorgie ohne Sinn und Verstand, die selbst als simpler B-Movie-Klopper nicht ansatzweise unterhält. Wer nach einem authentischen Blick in das englische Hooliganmilieu sucht, greift am besten weiterhin zu „The Football Factory“.

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