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    Enemy Mine - Geliebter Feind
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Enemy Mine - Geliebter Feind
    Von Christopher Dröge

    In den letzten Jahren sind Science-Fiction Filme selten geworden, die mehr sein wollen als eine Leistungsschau für die Rechenpower der Effekteschmieden. Wer würde heutzutage noch eine Produktion finanzieren, in der eine außerirdische Welt aufwändig zum Leben erweckt wird, um diese dann als Hintergrund für ein Zwei-Personen-Stück zu verwenden? "Enemy Mine" aus dem Jahre 1985 ist heute fast schon vergessen – zu Unrecht! Denn seine Ambition, über die reine Space Opera hinaus einen Kommentar zur sozialen Wirklichkeit abzugeben, hebt ihn heute über das Gros des Genres hinaus. In der Endphase des Kalten Krieges lieferte Wolfgang Petersen hier eine entschieden pazifistische Interpretation des klassischen SF-Themas, der Begegnung mit dem Anderen, dem Fremden, ab.

    Ende des 21. Jahrhunderts hat die Menschheit den Weltraum besiedelt, ist aber auch in einen Krieg mit den außerirdischen Dracs verwickelt. Bei einem Scharmützel in einem abgelegenen Sonnensystem gelingt es dem menschlichen Jägerpiloten Willis Davidge (Dennis Quaid), ein gegnerisches Schiff abzuschießen. Doch auch sein eigener Jäger ist beschädigt, beide stürzen über dem unwirtlichen Planeten Furyne IV ab. Um in der lebensfeindlichen Umgebung zu überleben, muss sich Davidge zähneknirschend mit dem Drac Jeriba Shigan (Louis Gossett Jr.) zusammen raufen. Monate und Jahre vergehen, und der anfängliche Hass zwischen beiden weicht immer mehr einem zögerlichen Respekt und schließlich einer Freundschaft...

    An der Oberfläche hat der Zahn der Zeit durchaus am Film genagt, denn die Effekte können heute nur noch teilweise überzeugen: Auf der einen Seite gibt es eine ganze Reihe prächtig gezeichneter Hintergründe, die die Weite des Planeten vermitteln und an alte Perry-Rhodan-Illustrationen erinnern. Auch die aufwändige und detailreiche Maske des Drac beeindruckt noch mehr als 20 Jahre später. Allem anderen jedoch, vor allem den Szenen im Weltall, sieht man die Entstehungszeit des Filmes deutlich an.

    Das ist jedoch zweitrangig, denn das Produktionsdesign und der Anspruch des Films passen ohnehin besser in die Science-Fiction der Siebziger, in der die Thematisierung gesellschaftlicher Debatten noch Standard war. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen hier nicht die Schauwerte, sondern die Beziehung zwischen Mensch und Drac, die sich ganz allmählich entwickelt und den größten Teil der Laufzeit einnimmt.

    "Enemy Mine" profitiert dabei von der Klasse seiner beiden Hauptdarsteller: Dennis Quaid nimmt man den schießwütigen Rassisten vom Beginn des Films ebenso ab wie den treusorgenden Ziehvater aus dem letzten Akt. Vor allem aber Louis Gossett Jr. glänzt in der Rolle des Außerirdischen: Obwohl seine Gesichtszüge unter der Maske fast vollständig verschwinden, schafft er es, eine zutiefst menschliche und warmherzige Figur zu erschaffen, die dem Zuschauer lange im Gedächtnis bleibt.

    Inhaltlich geht Petersen noch über die universelle Toleranz-Botschaft hinaus, indem er mit der hermaphroditischen Natur der Dracs eine Gender-Thematik mit ins Spiel bringt: Weil Jeriba kein Geschlecht hat, kann er sich vom finster grollenden Echsenkrieger zum spirituellen Lehrer und schließlich zum aufopferungsvollen Muttertier entwickeln. Solch ein Erzählbogen sucht auch außerhalb der Science Fiction seinesgleichen.

    Leider verlässt Petersen gegen Ende sein ursprüngliches Konzept und führt noch schnell eine Bande fieser Weltraumpiraten ein, die das Kanonenfutter für einen handelsüblichen Hollywood-Showdown liefern. Der ganze letzte Akt wirkt daher aufgesetzt und will nicht zum Ton des restlichen Films passen.

    Fazit: Kleinere Schwächen und Unebenheiten in der Handlung können nicht verdecken, dass "Enemy Mine" ein ehrgeiziger SF-Film ist, in dem die Figuren im Mittelpunkt stehen – und nicht die Effekte. Man könnte die wenig ambivalente Toleranz-Fabel auch als platt bewerten, und die philosophischen Anklänge als esoterisch verquast. Nicht zu bestreiten ist jedoch, dass der Film eine sehr menschliche Botschaft verkündet.

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