Mein Konto
    Am Ende eines viel zu kurzen Tages
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Am Ende eines viel zu kurzen Tages
    Von Asokan Nirmalarajah

    Eines der eindrucksvollsten Teaser-Plakate zu „The Dark Knight Rises", dem mit Spannung erwarteten letzten Kapitel von Christopher Nolans Batman-Trilogie, kündet vom „Ende der Legende" und zeigt eine zerbrochene Batman-Maske im strömenden Regen und den im Hintergrund davonschreitenden Schurken Bane. Um die Geschichte von der Zerstörung eines ikonischen Helden, die jenes Bild verspricht, geht es auch in einem ganz anders gearteten Film, dem unscheinbaren Independent-Drama „Am Ende eines viel zu kurzen Tages". Der irische Regisseur Ian FitzGibbon („Kopfgeld - Perrier's Bounty") erzählt aber trotz des englischen Originaltitels „Death of a Superhero" nicht in erster Linie vom Niedergang eines berühmten Helden, sondern vom langsamen Tod eines krebskranken Jungen, der sich in eine Phantasiewelt flüchtet, wo er als vom Schicksal gestrafter Superheld auftritt. Die Verfilmung des Romans „Superhero" des Neuseeländers Anthony McCarten, der auch das Drehbuch verfasste, punktet mit guten Mimen, aber die ungelenke Inszenierung, die schablonenhaften Figuren und die allzu berechenbare Handlung können auch sie nicht wettmachen.

    Der 15-jährige Engländer Donald (Thomas Brodie-Sangster) hat keinen Spaß mehr am Leben. Während seine Freunde Mädchenbekanntschaften machen und vom ersten Mal berichten, zieht sich der von seiner Krebserkrankung gezeichnete Jugendliche in die Phantasiewelten zurück, die er als talentierter Comic-Zeichner zu Papier bringt. Dort lässt er sein Alter Ego, einen namenlosen Muskelberg mit Kapuze, gegen sexhungrige Femmes fatales und einen diabolischen Schurken mit langer Spritze antreten. Es ist ein aussichtsloser Kampf, kann der Held doch weder Gefallen an den vollbusigen Frauen finden, die er reihenweise rettet, noch seinen Kontrahenten endgültig besiegen. Donalds Eltern machen sich Sorgen über ihren jüngeren Sohn und schicken ihn zu dem berühmten Psychologen Dr. Adrian King (Andy Serkis). Während der unorthodoxen Therapie verliebt sich Donald in die rebellische neue Mitschülerin Shelley (Aisling Loftus) und entwickelt neue Lebensenergie...

    Trotz der immer wieder eingestreuten heiteren und romantischen Momente in Ian FitzGibbons sehr durchwachsener Mischung aus Krankheits-, Familien- und Jugenddrama, Liebesgeschichte und Sexkomödie, besteht kein Zweifel darüber, dass der sympathische Protagonist der Geschichte am Ende sein Leben lassen wird. Der Weg dorthin ist ein durchweg vorhersehbarer Trip durch die Konventionen des Coming-of-Age-Films mit mühsam zusammengefügten Vignetten über Familie, Liebe und Freundschaft. Die wenigen spontan und echt wirkenden Momente in dem über weite Strecken arg konstruiert wirkenden Tränendrücker sind der Besetzung zu verdanken. Thomas Brodie-Sangster, der hoffnungslos romantische Filmsohn Liam Neesons aus der Liebeskomödie „Tatsächlich... Liebe" und der junge Paul McCartney in Sam Taylor-Woods „Nowhere Boy", überzeugt hier mit Glatze und ohne Augenbrauen als melancholischer und zorniger Jugendlicher. Der Jungschauspieler wird allerdings von Motion-Capture-Spezialist Andy Serkis noch in den Schatten gestellt. Der Gollum aus „Der Herr der Ringe" und der Captain Haddock aus „Die Abenteuer von Tim und Struppi" glänzt hier ausnahmsweise ohne Computerunterstützung.

    Die 97 Minuten Spielzeit des Films, die über Strecken einfach vor sich hinplätschern, werden von Serkis‘ einfühlsam-charmanter Vorstellung gewissermaßen im Alleingang belebt. In der ewig gleichen Strickjacke, unrasiert, mit Brille und mit Zigarette im Mund spielt er zwar den Klischee-Psychologen, der unter dem Tod seiner Frau leidet, findet aber stets den richtigen Ton und gestaltet seine Figur absolut glaubhaft. Dies gelingt Jessica Schwarz („Nichts bereuen") in einem hölzernen Auftritt als Klischeeprostituierte mit Herz, die Donald vor seinem Tod noch entjungfern soll, nicht. Wie gut, dass sich der dann doch lieber für seine erste Freundin Shelly entscheidet, energisch verkörpert von der talentierten Britin Aisling Loftus („Oranges and Sunshine"), die für ihr Spiel einen Spezialpreis auf dem Dubliner James Filmfestival erhielt. Mutig kämpft sie mit der übrigen Besetzung gegen die oft allzu aufdringlich eingesetzten Popsongs, die eher störenden Animationssequenzen aus der deutschen Trickschmiede Trixter, und die schlecht in die Handlung eingebundenen Sprüngen zwischen Komik und Tragik an.

    Fazit: „Am Ende eines viel zu kurzen Tages" ist eine durchaus interessante, aber viel zu lang und uneinheitlich geratene Tragikomödie über einen krebskranken Jungen und seine letzten Versuche, am Leben und an der Liebe teilzuhaben. Die engagierten Schauspieler müssen gegen auffällige Schwächen in Drehbuch und Inszenierung anspielen.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top