Ohne das Original zu kennen, bin ich in den Genuss dieses kleinen Horrordramas gekommen, welches tatsächlich mehr Drama ist, ohne jedoch die Horrorseite zu vernachlässigen. Stimmig sind die Kamerabilder, der ruhige Ton und die gesamte melancholische Atmosphäre. Auch die religiösen Bezüge, die hier sogar wertungsfreier als man denkt dargestellt werden, kommen gut rüber. Im Mittelpunkt aber steht freilich die Beziehung der beiden Hauptcharaktere, die sehr zart und einfühlsam inszeniert wird. Man versteht diese Charaktere, die wunderbar dargestellt werden, wobei Owens Darstellung ein ganz klein wenig hinter jener der Vampirdame zurückfällt.
Ich glaube, Verständnis ist das zentrale Motiv von "Let Me In". Wir haben hier Kinder, die durchaus ernsthaft und durchaus nachdenklich und gepresst über die wirklich wichtigen und entscheidenden Dinge des Lebens nachsinnen, ohne aber dass ihnen hierbei Aufmerksamkeit zukommt - nicht einmal aus Absicht der Erwachsenen. Die Mutter wird konsequent als abwesend und kaum erkennbar dargestellt. Aber ihre Szenen sind sehr genau gewichtet und inszeniert. Es wäre einfach sie als eine nicht-kümmernde Alkoholikerin abzustempeln. Doch obwohl man auf diese Schiene gelockt wird, macht es einem der Film nicht so einfach. Da wir alles aus Owens Perspektive sehen und es somit sehr subjektiv ist, erscheinen manche Figuren erst einmal als schlecht. Auch beim Vater kann man jedoch sehen, dass dieser durchaus seine berechtigten Zweifel an Owens Mutter haben mag. Dass er seinem Sohn aber nicht zuhört, liegt an dieser großen Trennlinie, die zwischen Erwachsenen- und Kinderwelt (sogar bei den Vampiren - genau hinschauen!) verläuft. Und deswegen mögen auch die Mitschüler von Owen ebenso nur zerrissene Gestalten sein. -
All das verdient Hochachtung, sodass nur kleinere Schwächen eine Höchstwertung verhindern. Ich hätte mir beispielsweise hier und da mehr über das Vampirpaar gewünscht, sowie die Frage, wie die übrigen Leute mit den Vampiren umgehen. Die kriegen davon ja eine ganze Menge mit! Es mag für die eigentliche Story keine Rolle spielen. Vor dem religiös-gesellschaftlichen Hintergrund wäre das aber enorm spannend gewesen. Ich sehe in der Verarbeitung aber natürlich auch die Schwierigkeit hier wieder Erwachsenen- und Kinderperspektive unter einen Hut zu bringen bzw. diese Sichtweisen miteinander zu verknüpfen. -
Fazit: "Let Me In" ist ein sehr guter Film und schlichtweg für mich erstmal die Referenz, wenn man wirklich mal etwas über jugendliche Vampire sehen will. Der Film ist einfühlsamer als manch "richtiges" Drama.