Okay, die Handlung spielt in England, er wurde in englischer Sprache gedreht und auch der Cast stammt überwiegend von der Insel, trotzdem bleibt „Black Death" ein deutscher Film, der fast durchweg in Sachsen-Anhalt und Brandenburg gedreht und mit ausschließlich deutschem Geld finanziert wurde. Als deutscher Kinofan, der gefühlt nur alle paar Jahre mal einen heimischen Genrestreifen serviert bekommt, muss man eben nehmen, was man kriegen kann. Aber der Pest-Thriller von Christopher Smith ist eben auch kein Film, für den man sich schämen müsste. Trotz seiner namhaften Besetzung, bei der die Macher auch auf Nummer sicher hätten gehen können, wird das Mittelalter hier endlich mal wieder in all seiner Schmutzigkeit und Verdorbenheit zelebriert. Ein Film ohne Helden, in dem jeder Identifikationsversuch des Zuschauers ad absurdum geführt wird. Und ein geschicktes Spiel mit Erwartungen, denn retrospektiv fällt es alles andere als leicht, „Black Death" überhaupt einem einzelnen starren Genre zuzuordnen.
England im 14. Jahrhundert: Obwohl die Pest bereits nahezu die Hälfte der europäischen Bevölkerung dahingerafft hat, gibt es in England ein einzelnes Dorf, an dem der Schwarze Tod bisher vorübergegangen ist. Es verbreiten sich zunehmend Gerüchte, dass in dem Kaff satanische Rituale abgehalten werden und es deshalb bisher dort keine Todesfälle gab. Auf Anweisung des Bischofs macht sich der Ritter Ulric (Sean Bean) gemeinsam mit seinen Mannen auf, um vor Ort nach den Ursachen für die Verschonung zu forschen. Als Führer bietet sich der junge Mönchsnovize Osmund (Eddie Redmayne) an, der in Wahrheit aber nur an der Reise teilnehmen möchte, um seine Geliebte Averill (Kimberley Nixon, „Easy Virtue") wiedertreffen zu können. Nach einer an Zwischenfällen reichen Wanderung erreichen Ulric und seine Truppe das Dorf, das sich als auf den ersten Blick idyllisches Plätzchen entpuppt. Doch was verbirgt sich wirklich hinter der hilfsbereiten Heilerin Langiva (Clarice van Houten, „Black Book") und ihrer etwas unheimlich wirkenden Dorfgemeinschaft?
Nach dem gescheiterten U-Bahn-Schocker „Creep", dem abgefahrenen Splatter-Spaß „Severance" und dem raffinierten Mythologie-Thriller „Triangle" versucht sich der britische Genre-Spezialist Christopher Smith nun an einem Mittelalter-Horror, der sich genauso gut auch als Mystery-Drama einordnen ließe. Denn trotz Hinweisen darauf, dass in dem Dorf nicht alles mit rechten Dingen zugehen und hier durchaus eine satanische Macht am Wirken sein könnte, hält der Regisseur lange Zeit vollkommen offen, ob „Black Death" nun tatsächlich übersinnliche Elemente enthält oder aber doch eine komplett straighte Story erzählt. Hätte dieses Den-Zuschauer-in-der-Luft-Hängenlassen auch leicht ins Nervige abgleiten können, wirken die Wendungen hier doch natürlich und keinesfalls übertrieben gewollt.
Diese Ambivalenz spiegelt sich auch in den Protagonisten wider. Zu Beginn des Films scheinen die Rollen noch klar verteilt. „Der Herr der Ringe"-Star Sean Bean („Silent Hill", „The Hitcher") gibt den harten Hund, der aber irgendwie doch das Herz am rechten Platz hat, und Eddie Redmayne („Powder Blue", „Die Säulen der Erde") den naiven Novizen, der am Ende schon irgendwie über sich hinauswachsen wird. Doch dann, der Zuschauer hat sich gerade mit Sean Bean als rauem Knochen angefreundet, kommt eine Szene, die zumindest schon mal die Einschätzung seines Charakters komplett auf den Kopf stellt. Als die Truppe an einem bereits aufgetürmten Scheiterhaufen vorbeireitet, auf dem eine vermeintliche Hexe festgebunden ist, holt Ulric sie zwar herunter, sticht die Frau dann aber eigenhändig ab. Und auch Osmund wird am Ende nicht mehr der unbescholtene Gutmensch sein, der er zu Beginn des Films noch war. Wie im Noir-Amerika der 1940er und 1950er Jahre behält eben auch in Christopher Smiths Vision des Mittelalters niemand seine Unschuld.
In diese Richtung zielen auch Kamera und Ausstattung, die nicht in „Königreich der Himmel"- oder „Robin Hood"-Manier auf Hochglanz getrimmt sind, sondern erfrischend dreckig daherkommen (auch wenn die Handkamera für diesen Eindruck nicht unbedingt Not getan hätte). Zudem tut die Gewalt in „Black Death" tatsächlich weh. Statt eleganter Schwerthiebe gibt es brachiales Gekloppe, bei dem es die Kämpfer stets darauf abgesehen zu haben scheinen, den Schädel ihres Kontrahenten in möglichst kleine Stücke zu zertrümmern. Außerdem stehen Kreuzigungen und Vierteilungen bei diesem Mittelalter-Völkchen wie selbstverständlich auf der Tagesordnung. Sein Bild als edle Recken hat der Ritterstand also ganz sicher nicht diesem Film zu verdanken.
Fazit: „Black Death" macht seinem Titel alle Ehre – ein konsequent düsterer Mittelalter-Film, in dem die Seelen der Protagonisten ebenso verfaulen wie ihre Zähne.