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    Death Wish
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Death Wish
    Von Christoph Petersen

    In den USA kommt „Death Wish“ von „Hostel“-Mastermind Eli Roth nur zweieinhalb Wochen nach dem Schulmassaker in Parkland in die Kinos. „Ganz schlechtes Timing“, denkt man sich da im ersten Moment. Aber womöglich ist es sogar ein besonders passender Starttermin für das Remake des Charles-Bronson-Klassikers „Ein Mann sieht rot“ von 1974 – schließlich fordern Republikaner und NRA in Folge der Schulschießerei nicht etwa ein Verbot automatischer Waffen, sondern ganz im Gegenteil die zusätzliche Bewaffnung von Lehrern zur Abwehr von Amokläufern. In diese Diskussion passt „Death Wish“ eigentlich perfekt hinein, immerhin geht es in dem Selbstjustiz-Reißer ebenfalls um einen Zivilisten, der das Recht in Anbetracht überforderter Behörden schließlich selbst in die Hand nimmt. Das Problem ist nur, dass die von Roth und seinem Star Bruce Willis ziemlich lieblos runtergerissene Neuauflage weder wachrüttelt noch provoziert, sondern ihr Publikum trotz der aktuell so aufgeheizten Situation erstaunlich kaltlässt.

    Paul Kersey (Bruce Willis) ist ein hervorragender Chirurg, der seinen Job in einem Krankenhaus in der Gangkriminalitäts-Hochburg Chicago mit größtmöglicher Professionalität ausübt. So tut er nur wenige Sekunden, nachdem er den Tod eines Polizisten feststellen musste, alles Menschenmögliche, um dem ebenfalls angeschossenen Mörder das Leben zu retten. Selbst als seine Frau Lucy (Elisabeth Shue) von Einbrechern getötet wird, während seine Tochter Jordan (Camila Morrone) nach der Attacke im Koma landet, bleibt Paul zunächst erstaunlich gefasst. Erst als sich nach und nach der Eindruck erhärtet, dass die Cops Kevin Raines (Dean Norris) und Leonore Jackson (Kimberly Elise) bei ihren Ermittlungen nicht wirklich vorwärtskommen, besorgt sich der Arzt eine Waffe, um selbst für Gerechtigkeit zu sorgen. Allerdings mutiert der private Rachefeldzug dank YouTube & Co. schon bald zu einem landesweit diskutierten Thema, bei dem die Kommentatoren ebenso leidenschaftlich für wie gegen die Aktionen des wehrhaften Bürgers argumentieren…

    Weil er seinen „The Grey“-Star Liam Neeson nicht besetzen durfte und die Produzenten stattdessen auf Bruce Willis als Hauptdarsteller bestanden, hat der ursprünglich für den Job vorgesehene Joe Carnahan („Smokin‘ Aces“) den Regieposten bei „Death Wish“ hingeschmissen. In einer geleakten E-Mail bezeichnete er anschließend nicht nur den MGM-Studiochef als „rückgratloses Arschloch“, sondern Willis auch als „arroganten, faulen, gealterten Actionstar“. Nun steht der ja tatsächlich ganz offen dazu, in Actionfilmen nur noch wegen des Geldes mitzuspielen (angepeilte Gage: mindestens eine Million Dollar pro Tag), aber in „Death Wish“ tritt diese Lustlosigkeit noch einmal besonders offensichtlich zutage.

    Immer wenn es darum geht, Pauls ungeheure Professionalität zu unterstreichen, macht Willis einen erstaunlich guten Job – wohl ganz einfach deshalb, weil er inzwischen sowieso die meisten seiner Rollen mit derselben emotional unbeteiligten Professionalität runterreißt, mit der Paul auch seine Patienten operiert. Aber wenn in einer Szene dann doch mal ein wenig mehr gefordert wird, versagt der „Stirb langsam“-Superstar – ein später emotionaler Ausbruch, in dem Paul seinem Bruder Frank (Vincent D'Onofrio) mit Tränen in den Augen erklärt, wieso er sich auf den Pfad der Selbstjustiz begeben hat, ist schauspielerisch etwa ganz besonders misslungen.

    Man kann sich natürlich fragen, ob ein Film wie „Death Wish“ im Jahr 2018 wirklich sein muss – aber es ist ja gerade die Aufgabe solcher Grindhouse-Reißer, von denen es inzwischen eh viel zu wenige noch regulär in die Kinos schaffen, auch mal zu schockieren, politisch querzuschießen, den guten Geschmack und das ethische Wohlbefinden des Publikums herauszufordern. Nur muss man es dann auch richtig machen und nicht wie hier Roth lange Zeit mit angezogener Handbremse agieren. Selbstjustizfilme bedeuten immer auch Manipulation – so wird dem Protagonisten und seinen Liebsten in der Regel so übel mitgespielt, dass hinterher selbst der liberalste Zuschauer dafür stimmt, dass den Fickern endlich der Garaus gemacht wird. Aber schon auf dieser grundlegenden handwerklichen Ebene versagt das „Death Wish“-Remake.

    Zwar gibt es zu Beginn ein paar eingestreute All-American-Family-Details, so erhält etwa die Tochter gerade jetzt ihre Zulassung zu einer Eliteuniversität. Aber nach dem überraschend zurückhaltend inszenierten Überfall in einem sterilen „Schöner wohnen“-Hochglanzset reagiert man auf die Tat ähnlich wie Willis mit kaum mehr als einem professionellen Schulterzucken. Schockierend geht jedenfalls anders. Natürlich könnte man Roth nun zugutehalten, dass er sich dem Thema mit einer angemessenen Zurückhaltung nähert, aber so funktionieren Selbstjustiz-Reißer nun mal nicht. Wenn man als Zuschauer nicht selbst nach Rache dürstet, dann ist es einem im Zweifelsfall auch egal, wen der Protagonist da auf der Leinwand gerade niederstreckt.

    Nachdem die Resonanz zu den ersten „Death Wish“-Trailern eher nicht so begeistert war, haben die Macher kurz vor dem Kinostart noch mal mit einem speziellen Ab-18-Trailer im auf alt getrimmten Grindhouse-Look nachgelegt – und auch der Abspann des fertigen Films ist eine eindeutige Hommage an die politisch unkorrekten Reißer vergangener (Bahnhofskino)-Tage. Das ist beides schon verdammt cool – führt einem zugleich aber auch noch einmal vor Augen, was für eine Chance Roth und Co. hier verpasst haben. Zumal es ja eigentlich gar keinen Grund gab, sich so sehr zurückzuhalten, weil die wenigen Provokationsspitzen (mit einem auf dem Boden aufschlagenden Schädel, der nicht einfach nur zerplatzt, sondern sich wie in Zeitlupe verformt und zusammendrückt, als transgressivem Höhepunkt) ja ohnehin dafür sorgen, dass der Film fast nirgendwo auf der Welt eine Jugendfreigabe erhalten wird. Auch in Deutschland ist „Death Wish“ erst ab 18 Jahren freigegeben.

    Abgesehen davon, dass der Film einfach ziemlich lahm ist, überzeugen aber zumindest einige der Modernisierungsideen zur Neuverfilmung des inzwischen schon 46 Jahre alten Romans „Der Vigilant“ von Bryan Garfield. Sehr gelungen sind zum Beispiel die Ausschnitte mit verschiedenen realen Radiomoderatoren, die ihre Kommentare zu den Taten des Vigilanten selbst schreiben und inszenieren durften – das wirkt extrem authentisch, gerade weil die Radiomacher den Fernsehleuten in den USA tatsächlich gerade immer mehr den Rang ablaufen, wenn es um politische Meinungsmache geht. Auch ganz amüsant ist die Idee, dass Paul für wirklich jedes mögliche Problem seines Rachetrips – vom Abfeuern einer Waffe bis zur endgültigen Vernichtung von Festplattendaten – ein passendes Instruktionsvideo im Netz findet. Allerdings bleibt es bei solchen einzelnen überzeugenden Details – eine übergreifende Idee oder eine nachvollziehbare Haltung, warum der Stoff gerade jetzt noch mal ins Kino kommen sollte, lässt sich hingegen nicht ausmachen.

    Fazit: Das Selbstjustiz-Remake „Death Wish“ kommt mitten während einer hochgekochten Diskussion zu dem Thema in die Kinos – und lässt sein Publikum dennoch kalt. Diesen Film haben Eli Roth mit seiner zahnlosen Inszenierung und Bruce Willis mit seinem gelangweilten Schauspiel gemeinsam in den Sand gesetzt.

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