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    Eine Geschichte von Liebe und Finsternis
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Eine Geschichte von Liebe und Finsternis
    Von Michael Meyns

    Wenn Schauspieler auf den Regiestuhl wechseln, schleicht sich gerade bei uns Kritikern immer wieder der Verdacht ein, der Schritt hinter die Kamera könnte mehr mit persönlicher Eitelkeit zu tun haben als dem unbedingten Willen, eine bestimmte Geschichte zu erzählen. Bei ihrem Regiedebüt „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ ist Natalie Portman jedoch zumindest in dieser Hinsicht über jeden Zweifel erhaben, immerhin hat die in Jerusalem geborene Oscar-Preisträgerin (für „Black Swan“) in ihrer Filmografie (etwa mit Amos Gitais „Free Zone“) und in ihrem Privatleben (ihr Kind wird religiös erzogen) bereits wiederholt gezeigt, wie viel ihr ihre jüdische Abstammung bedeutet. Eine Verfilmung des autobiografischen Romans des berühmten israelischen Schriftstellers Amoz Oz erscheint da also absolut sinnvoll. Aber auch wenn man sofort versteht, warum sich Portman ausgerechnet diesen Stoff für ihr Debüt ausgesucht hat, scheitert sie dennoch an der Herausforderung, Oz‘ schlaglichtartige autobiografische Erinnerungen in eine stimmige filmische Form zu bringen.

    Jerusalem im Jahr 1945: Der Zweite Weltkrieg ist gerade vorbei und manche, wenn auch viel zu wenige Juden haben es bis nach Palästina geschafft, wo sie auf die Entstehung eines jüdischen Staates hoffen. Unter ihnen befindet sich auch eine dreiköpfige Familie bestehend aus der Mutter Fania (Nathalie Portman), dem Vater (Gilad Kahana) und dem sechsjährigen Amos (Amir Tessler). Während der Vater vor allem für seine Arbeit als Schriftsteller lebt, ringt Fania mit ihrem neuen Leben in Jerusalem: Die meisten ihrer Verwandten sind tot, nur zwei Schwestern in Tel Aviv erinnern sie an ihre ursprüngliche Heimat, während ihre neue erst noch im Entstehen ist. Im Lauf der Jahre verknüpft sich das persönliche Schicksal der Familie zunehmend mit der Geschichte Israels, das auf der Asche des Weltkriegs entsteht…

    Immer wieder lässt Regisseurin Natalie Portman die von ihr selbst gespielte Mutter Geschichten erzählen, die sie in mal surrealer, mal albtraumhafter Weise illustriert. Verklärte Kindheitserinnerungen sind das zum Teil, dann wieder Geschichten von Leid und Tod - kein Wunder angesichts der Grauen, die Fania in ihrer osteuropäischen Heimat erleben musste. Die Erinnerungen an Episoden aus der Kindheit und damit an ein friedliches Leben geben ihr Halt und verleihen ihrem neuen Dasein zumindest in der Phantasie eine Klarheit, die es in der Wirklichkeit längst nicht hat.

    Dieses lose Verknüpfen von Episoden und Gefühlszuständen ist fraglos ambitioniert, doch selbst ein Großmeister wie Terrence Malick (bei dem sich Portman übrigens am Set von „Knight of Cups“ noch Regietipps geholt hat) scheitert bisweilen an dieser Form. Portman hat zwar talentierte Leute um sich geschart, allen voran den polnischen Kameramann Slawomir Idziak („Gattaca“, „Black Hawk Down“), der eindrucksvolle Bilder findet, aber am Ende scheitert der Film am ebenfalls von Portman geschriebenen Drehbuch: Denn das schwankt allzu unbestimmt zwischen Szenen, in denen die Parallelen zwischen Israel damals und heute überdeutlich betont werden, und poetischen Stimmungsbildern, die zudem allzu oft ins Kitschige umschlagen. Dabei ist das Scheitern dieses ambitionierten Projekts umso bedauerlicher, als die Thematik von Oz‘ Buch gerade heute von besonderer Relevanz ist und auch deshalb einen besseren Film verdient hätte.

    Fazit: In ihrem Regiedebüt gelingt es Natalie Portman nicht, die poetischen Erinnerungen von Amoz Oz in eine überzeugende filmische Erzählform umzusetzen und so scheitert ihr ambitionierter Versuch eines epischen Films über Israel, Heimat und Erinnerung letztlich.

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