Es geht bergab im Land der Dichter und Denker. Was mittlerweile selbst die Politik sich eingesteht, bekommt das Kinopublikum in diesem Jahr schmerzhaft am eigenen Leib zu spüren. Als humorvoll galten wir Deutschen ja außerhalb der Landesgrenzen noch nie, aber das, was uns Regisseur Sven Unterwaldt mit der Sagen-Parodie „Siegfried“ auftischt, sprengt alle Rekorde des Nicht-Witzig-Seins! Niveauloser, platter Proll-Klamauk, wie er schlimmer nicht sein könnte. Wer die Nibelungensage so verhunzt und dabei seinen Humor auf kotzende Babys und furzende Schweine stützt, der gehört weder vor noch hinter die Kamera, sondern auf Lebzeit in eine Gummizelle, aus der er zum Allgemeinwohl besser nie mehr rausgelassen werden sollte.
Irgendwo im tiefsten Rheinland während den düsteren Zeiten des Mittelalters. Der gutmütige Schmied Mime (Michael Brandner) will am Rhein gerade eines seiner Schwerter testen, als plötzlich ein Binsenkörbchen angeschwommen kommt. In ihm ist ein kleines Baby, das ungeahnte Kräfte besitzt. Mime nimmt den Kleinen bei sich auf und umsorgt seinen Siegfried (Tom Gerhardt) fortan wie seinen eigenen Sohn. Doch Siegfrieds Tollpatschigkeit gepaart mit seiner immensen Muskelkraft lassen ihn im Dorf schnell zum Außenseiter werden. Sein einziger Freund ist ein kleines vorlautes Ferkel, das Siegfried nicht mehr von der Seite weicht. Eines Tages trifft Siegfried im Wald die hübsche Kriemhild (Dorkas Kiefer) und verliebt sich auf Anhieb in die blonde Prinzessin. Zu dumm, dass die attraktive Adelsdame wirklich gar nichts für den Dorftrottel Sigi übrig hat. Doch dem Frischverliebten geht seine Traumfrau nicht mehr aus dem Kopf. Zusammen mit seinem Freund Schwein macht er sich auf zur Burg, um seine Angebetete zu treffen. Durch Zufall gerät der Tölpel mitten in ein Turnier, dessen Gewinner die hübsche Kriemhild heiraten darf. Wider erwarten gewinnt Siegfried gegen den fiesen Hagen (Volker Büdts), doch Kriemhild denkt nicht im Traum daran, den Trottel Siegfried zu ehelichen. Deshalb entsinnt sie zusammen mit ihrem Bruder König Gunther (Jan Sosniok) und Alberich (Axel Neumann) einen teuflischen Plan ...
Wie bereits aus dem Inhalt hervorgeht, hat Sven Unterwaldts „Siegfried“ mit der literarischen Vorlage bis auf die Namen nicht viel gemeinsam. Dass eine Sagenverballhornung gut gehen kann, haben die Monty Pythons mit „Ritter der Kokosnuss“ eindrucksvoll bewiesen. Dass sie aber auch total daneben gehen kann, hätte uns nicht mehr gezeigt werden müssen. Leider sieht das Regisseur Unterwaldt anders und bringt mit „Siegfried“ eine niveaulose Beleidigung auf die Kinoleinwände.
Wer einem Schwein in der Nibelungensage eine tragende Hauptrolle gibt, der muss sich nicht wundern, wenn sein Film eine wirkliche „Sauerei“ wird. Das Ferkel nervt ab seinem ersten Auftritt so sehr, dass sich jeder Zuschauer wünscht, die Dorfbewohner würde der plötzliche Appetit auf Schweinebraten überkommen. Leider entrinnt das vorlaute Quietschferkel dem Tod immer wieder und die nervtötende Stimme bleibt bis zuletzt in den Ohren. Der Versuch, eine Mischung aus dem „Shrek“-Esel und dem Knuddel-Schweinchen Babe zu erschaffen, schlägt gehörig fehl. Selbst Tierschützer und Vegetarier würden dieses Schwein lieber tot sehen, als es noch eine Minute länger ertragen zu müssen. Eine Beleidigung für die Ohren ist nicht nur die Ferkelstimme, auch der Rest der Dialoge wirkt übertrieben und gekünstelt. Allen Nicht-Kölnern fällt es zum Teil sowieso schon schwer, dem derben Rheinisch seine volle Aufmerksamkeit zu schenken, aber das eigentliche Problem sind die Pseudo-Proll-Ausdrücke. Beispiele hierfür: „Du Frittenkopp, ich schneid dich in Scheiben!“ oder „Mach ne Mücke, sonst gibt es was auf die Zwölf!“. Würde Nibelungenfan Richard Wagner das hören, er würde im Grabe rotieren.
Der Humor dieser angeblichen Parodie liegt irgendwo zwischen geschmacklos und strunzdumm. Das Motto „Fäkalien machen Spaß“ funktioniert leider nur bei Kindern bis maximal zwölf Jahre, und auch schmerzender Slapstick wird wohl eher das jüngere Kinopublikum erfreuen. Für Kinder ist der Humor gerade noch in Ordnung, für Erwachsene gibt es nicht viel zu lachen. Hätten Gerhardt und Unterwaldt allerdings einen Kinderfilm machen wollen, dann hätte es keine Sagenparodie gebraucht, denn von den jüngeren Zuschauern wird so gut wie niemand die Nibelungen kennen. Ein, zwei Witze gibt es, die auch den Erwachsenen gefallen werden. Doch das allein macht keine gute Komödie.
Schauspieltechnisch ist nicht viel zu erwarten. Tom Gerhardts Interpretation von Siegfried ist eben typisch „Voll Normaaal“. Ein wenig Proll-Deutsch, eine Prise Einfältigkeit gemischt mit etwas Trottel-Serum und schon ist der neue Held fertig. Für Tom-Gerhardt-Fans genau das Richtige. Der Rest der Truppe bleibt, wohl auch aufgrund der Rollen selbst, auf stümperhaftem Kindergarten-Niveau. Ein paar Lacher kann Jan Sosniok verbuchen. Der sonst so maskuline Casanova gibt einen herrlich komischen König Gunter. Immer von blonden Knaben umgeben „tuntet“ er fröhlich vor sich hin. Spätestens seit „Der Schuh des Manitu“ braucht anscheinend jede deutsche Komödie den pink-fanatischen Homosexuellen. Die Nebenrolle wurden, wie bereits in Unterwaldts erster Parodie „7 Zwerge - Männer allein im Wald“, von bekannten Gesichtern übernommen - Markus Maria Profitlich als Fleischer oder auch Mirco Nontschew als Schankwirt. Anstatt aber den Film etwas aufzuwerten, tragen ihre Szenen leider nur noch mehr zum totalen Untergang bei.
Warum der Film trotzdem mickrige zwei statt einem Punkt bekommt? Jeder volljährige Mensch kann und will den Humor dieses Films einfach nicht verstehen. Würde man einen Achtjährigen nach seiner Meinung fragen, bekäme man sicher das ein oder andere lobende Wort über „Siegfried“ zu hören. Traurig, aber wahr. Jeder bekommt das, was er verdient hat. Doch hat das deutsche Kinopublikum wirklich so eine Bestrafung nötig? „Siegfried“ ist eine Beleidigung an den guten Geschmack und jeder, der bis zehn zählen kann, ist zu klug, um an diesem Film ernsthaft Gefallen zu finden. Eingefleischte Gerhardt-Fans und Kinder werden bei „Siegfried“ sicher etwas zu lachen haben. Aber alle anderen sollten einen großen weiten Bogen um diese Parodie machen. Wer trotzdem gezwungen wird, diesen Film anzusehen, hier ein kleiner Tipp: Ohrenstöpsel und Augenbinde mitnehmen, und sich etwas Schlaf gönnen. Keine Angst, es gibt bei „Siegfried“ nichts zu verpassen!
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