Wer kennt sie nicht, die beiden unerschütterlichen Lausbuben Max und Moritz, die in Buschs Märchenstunde allerhand Unsinn treiben. Es war abzusehen, dass ein solcher Stoff auch mal verfilmt wird, aber mit diesem katastrophalen Ergebnis hat bestimmt niemand gerechnet, denn die „Max und Moritz Reloaded“-Version über zwei Hamburger Kiezkinder hat sich gelinde gesagt sehr weit vom Original entfernt.
Max (Willi Gerk) und Moritz (Kai Michael Müller) sind im Hamburger Schanzenviertel in der Kriminalität aufgewachsen. Ihre ständig besoffene Mutter (Katy Karrenbauer) verdient ihr Geld als Prostituierte und schleppt ständig ihre Freier in die Wohnung. Einziger Lichtblick im Dasein der Jungs ist die Sozialarbeiterin Paula (Franziska Petri), die sich aufopfernd um Max und Moritz kümmert. Als die beiden mit den Senatorentöchtern im Schlepptau betrunken ein Auto zu Schrott fahren, reicht es den Autoritäten. Man beschließt, die Missetäter in das Erziehungslager der ehemaligen NVA-Soldaten Henry Maschke (Toni Krahl) und Axel Schultz (Sebastian Krummbiegel) zu schicken, um sie mit den Bootcamp-Methoden des Gespanns umerziehen zu lassen. Doch das NVA-Duo kann Max und Moritz nicht ins Schwitzen bringen. Die beiden Lausbuben machen weiterhin, was sie wollen. Richtig Ärger gibt es, als die Hamburger Kids den Ferrari des Puffbesitzers Hanne (Ben Becker) zu Klump fahren. Denn der Pornoking ist nicht nur ein absolut unangenehmer Zeitgenosse, sondern hat auch mit Gewalt gegen Kinder kein Problem. Nur Paula kann die Jungs jetzt noch vor ihrem Schicksal bewahren.
Das klingt so gar nicht mehr nach Wilhelm Busch. Die überarbeitete Geschichte soll nach den Worten des Regisseurs Thomas Frydetzki an ein kapitalistisches System angepasst worden sein, in dem die Streiche der Lausbuben etwas anders ausfallen als im Märchen. Das mag ja ein ehrenwertes Ziel sein, allerdings spielt der Großteil des Films im NVA-Trainingscamp, in dem Henry und Axel nach der täglichen Schikane den Jungs die Werte des Sozialismus näher bringen wollen. Die Tatsache, dass die dabei ständig in selbst getextete Lieder verfallen, mindert den Sehspaß ungemein.
Leider wird „Max und Moritz Reloaded“ nicht nur durch den Musicalfaktor gebremst. Als Satire möchten die Macher ihr Kunstwerk verstanden wissen, scheinen dabei aber nicht zu wissen, dass sexuelle Handlungen Minderjähriger (auch mit Erwachsenen), eine Aneinanderreihung gewalttätiger Sequenzen und schlecht gemachte Schwulenwitze auch im Zusammenwirken keine Satire ausmachen. Sie erzeugen eher Ablehnung beim Publikum. Das Augenzwinkern einer Satire fehlt komplett. Natürlich können Satiren auch missverstanden werden, beispielsweise waren die Kritiker über den Humor des Science-Fiction-Films „Starship Troopers“ geteilter Meinung, aber der gesellschaftssatirische Charakter war trotz der Splattersequenzen unmissverständlich deutlich. „Max und Moritz Reloaded“ versagt auf dieser Ebene vollständig.
Statt dessen „glänzt“ der Film durch seine prollige und von Fäkalausdrücken dominierte Sprache sowie glanzlose schauspielerische Leistung – und tötet so das letzte bisschen Interesse des Zuschauers. Einzig Ben Becker als arisch orientierter Puffpapi steht für einen ansehnlichen Hauch Satire. Doch sein Auftritt ist im Vergleich zu dem der vollkommen hölzern agierenden Franziska Petri, die ihren Text wie eine Aufziehpuppe abspult, zeitlich relativ begrenzt und fällt daher kaum ins Gewicht. In „Max und Moritz Reloaded“ wird jegliche filmische Botschaft oder Aussage durch stumpfe Gewalt oder platte Witze ersetzt. Probleme wird der Film daher nicht nur mit seinen Zuschauern bekommen, sondern auch mit der FSK, die die Altersfreigaben und Prädikate für Kinofilme vergibt. Als Familienfilm kann „Max und Moritz Reloaded“ auf keinen Fall durchgehen, Kinder werden ihn wohl nicht zu Gesicht bekommen. Doch auch Erwachsenen sei vom Kauf einer Kinokarte für diesen Film explizit abgeraten, wer auf Lausbuben steht, sollte sein Geld lieber in Buschs Märchenbuch investieren.