Stilistisch verläuft das Horrorkino seit jeher in Zyklen. Im neuen Jahrtausend war plötzlich der Spaß und die Harmlosigkeit vorbei und der harte Terror der 70er Jahre zurück - ob dies nun dreckige Genrewerke wie Hostel oder Wolf Creek waren oder das ebenso blutige wie erfolgreiche Saw-Franchise. Den neben The Descent und dem „Saw“-Original besten Film der neuen, alten Gangart drehte der französische Regieästhet Alexandre Aja, der mit seinem Wes-Craven-Remake The Hills Have Eyes zu einem fiesen Tiefschlag gegen die Sehgewohnheiten des Mainstreampublikums ausholte, das sich teils in diesen Film verirrt hatte. Horror ist plötzlich massenkompatibel, wenn auch lange nicht alle diese Art von Unterhaltung überhaupt vertragen können. Für das Terror-Sequel „The Hills Have Eyes 2“ stand Aja nicht mehr zur Verfügung. Er wird wissen, warum... Seinen Platz nahm der durch das Rohtenburg-Desaster zu zweifelhaftem Ruhm gekommene Martin Weisz ein. An dem Deutschen liegt es nicht unbedingt, dass der Aufguss unter dem Mittelmaß bleibt, vielmehr scheitert das Unternehmen am Mangel von frischen Ideen...
Eigentlich sollte der Einsatz einer Rookie-Einheit der amerikanischen Nationalgarde auf einem Außenposten in New Mexico reine Routine sein, um neue Ausrüstungsgegenstände anzuliefern. Die Überraschung ist groß, als sie niemanden antreffen und die Mitglieder einer Forschungsgruppe spurlos verschwunden sind. Die Truppe erkennt Lebenszeichen auf einem zerklüfteten, steilen Hügel und startet unter der Führung ihres erfahrenen Sarges (Flex Alexander) die Rettungsmission, die sich aber sehr schnell als reines Himmelsfahrtskommando herausstellt. Die Soldaten haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Und der ist von wenig geselliger Natur, was bereits zwei Jahre zuvor die Carter-Familie zu spüren bekam. Papa Hades (Michael Bailey Smith) und seine Mutanten-Familiensippe verstehen keinen Spaß und sind immer auf der Suche nach frischem Menschenfleisch. Die grünschnäbeligen Nationalgardisten geraten in einen fiesen Hinterhalt. Nur Napoleon (Michael McMillian) und Amber (Jessica Stroup) sind im scheinbar sicheren Camp geblieben, werden dort durch ein schockierendes Ereignis aber auch rasch wieder vertrieben...
Ein großer Erfolg wie das „The Hills Have Eyes“-Remake muss naturgemäß fortgesetzt werden. Für Teil 2 griff das Autorenduo erst gar nicht auf Wes Cravens Original-Sequel aus dem Jahr 1985 zurück. Zum einen ist die Vorlage einfach zu schwach, zum anderen nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Der ursprüngliche Plan, eine Story um die von Emilie de Ravin gespielte Brenda Carter zu stricken, scheiterte, weil der „Lost“- und Brick-Star zum Zeitpunkt des Drehs anderweitig gebunden war. Die großen Namen wirken ohnehin an ganz anderer Front. Horror-Ikone Wes Craven (Scream, Hügel der blutigen Augen, „Nightmare On Elm Street“) schrieb gemeinsam mit seinem Sohn Jonathan Craven das Drehbuch, was beim Betrachten des fertigen Films kaum zu glauben ist. „The Hills Have Eyes 2“ ist eine von Cravens uninspiriertesten Skriptarbeiten. Über die 90 Minuten Spielzeit entlockt das Vater-Sohn-Gespann dem Genre so überhaupt keine neuen Facetten und lediglich das Altbekannte wird lauwarm aufgetischt und nicht einmal großartig variiert.
Da „The Hills Have Eyes 2“ auf der Storyebene nun nichts zu bieten hat, muss der Antrieb aus anderer Richtung kommen. Den Vorgänger zeichnete eine äußerst grimmige, kompromisslose Härte aus, die bereits in der Eröffnungsszene deutlich gemacht wurde. Ähnlich geht der Kannibalen-erfahrene Regisseur Martin Weisz vor, auch wenn seine Variante einer misshandelten Frau, die ein Mutantenkind gebären muss, lange nicht an die Intensität von Ajas beinhartem Spitzhacken-Kickstart herankommt. Der No-Name-Cast ist auch nicht gerade eine große Hilfe, stört aber nicht weiter. Dem Genre gerecht wird dezimiert. Als Identifikationsfiguren kommen Napoleon und Amber am ehesten in Frage. Michael McMillian versammelt die Sympathien auf seinem Charakter, während die junge Jessica Stroup als überaus schmuckes Eye Candy perfekt platziert ist. Der Rest hinterlässt keinen bleibenden Eindruck. Dass der Kommando-führende Sarge dramaturgisch nicht lange durchhalten kann, sollte selbst Genre-unkundigen klar sein.
Trotzdem langweilt „The Hills Have Eyes 2“ nicht nachhaltig, ein gewisser Unterhaltungswert ist da. Der Gorefaktor pegelt sich in etwa beim Stand des Vorgängers ein, jedoch geht es hier weit weniger ernst zur Sache, was dem Ganzen die Atmosphäre nimmt. Spannung und Intensität leiden ebenso. Zwischendrin wird für die Freunde des schlechten Geschmacks einiges geboten, ohne dabei in die Nähe von Originalität zu kommen. Durch das Herunterfahren des Anspruchs kann „The Hills Have Eyes 2“ kaum mehr schockieren, selbst wenn der Ekelfaktor recht hoch ist. Dieses Missverhältnis zeigt sich exemplarisch an der Vergewaltigungsszene, die in Teil eins für Schockierung und Empörung sorgte, aber im Sequel einfach kaum mit Emotionen behaftet verpufft.
Stilistisch liefert Clipfilmer Martin Weisz solide Arbeit, die sich mit Alexandre Ajas grandios inszeniertem Vorgänger aber nicht messen kann. Das sind zwei verschiedene Welten. Genrefreunde dürfen bei diesem Terror-Reißer, quasi eine Art „Resident Evil On The Hills”, einen Blick riskieren. Muss so ein Film in die Kinos kommen? Sicher nicht. Im Grunde ist „The Hills Have Eyes 2“ klassisches Videothekenfutter, dem nur wegen des großen Namens seiner Vorlage überhaupt der Sprung in die Lichtspielhäuser vergönnt ist.