Wie baut man aus einem Streifen Kaugummipapier, einer Sicherheitsnadel und einer Tube Haarshampoo eine Bombe? Unmöglich? Nein, nicht für Tausendsassa MacGyver, der in den Achtzigerjahren in der gleichnamigen Action-Abenteuer-Serie Kultstatus erlangte und sogar zum Gegenstand der Popkultur avancierte. „MacGyvern" („improvisieren") wurde zum geflügelten Wort. In den USA hat der von Richard Dean Anderson verkörperte Do-It-Yourself-Held auch seinen Eingang in den TV-Olymp gefunden und wird von Will Forte in der legendären Comedy-Schmiede „Saturday Night Live" als „MacGruber" parodiert – und somit geadelt. Erreicht ein Format dort eine gewisse Größe, ist der Weg auf die große Leinwand nicht mehr weit. Doch die Kinoversion von „MacGruber" krankt an bekannten Problemen: Wie blase ich einen Fünf-Minuten-Sketch sinnvoll zu einem abendfüllenden Spielfilm auf? SNL-Regisseur Jorma Taccone hat darauf keine Antwort.
Zehn Jahre nun hat sich MacGruber (Will Forte) in einem abgelegenen Kloster in Südamerika verborgen und mit seinem früheren Leben als Superagent und Weltenretter abgeschlossen. Seit sein Erzfeind Dieter von Cunth (Val Kilmer) seine Frau Casey (Maya Rudolph) während der Hochzeit in die Luft jagte und MacGruber zum Ausstieg zwang, gilt er offiziell als tot. Und gerade dieser Bösewicht bedroht jetzt gleich ganz Amerika. Von Cunth ist in den Besitz eines nuklearen Sprengkopfs gelangt und das Pentagon setzt alles auf eine Karte: Der Beste der Besten soll helfen. Colonel James Faith (Powers Boothe) will seinen alten Kameraden MacGruber überreden, aus dem Ruhestand zurückzukehren - und die Aussicht auf Rache wirkt. Der Haudegen trommelt sein bewährtes Team zusammen und rückt in Washington D.C. an. Dann sprengt er versehentlich seine eigene Mannschaft in die Luft und die Mission steht vor dem Aus. So lange der Kopf seines Erzrivalen aber auf dessen Schultern ruht, ist Rückzug für MacGruber einfach keine Option. Mit seiner alten Weggefährtin Vicki St. Elmo (Kristen Wiig) und dem Pentagon-Frischling Lieutenant Dixon Piper (Ryan Phillippe) nimmt er einen zweiten Anlauf und heftet sich an Von Cunths Fersen...
Die Achtzigerjahre-Matte von MacGyver Richard Dean Anderson ist so legendär wie die trashige Serie selbst. Die Haarpracht erweist sich als ein zentraler Punkt in Jorma Taccones Action-Parodie und wird nicht nur durch Hauptdarsteller Will Forte transportiert, nein, auch seine Co-Stars Ryan Phillippe und Kristen Wiig müssen sich der Frisur – zumindest für eine Weile - beugen. Dieses Konzept der Wiederholung hat in „MacGruber" Methode. Wer gnädig ist, nennt dies Running Gag; wer weniger Nachsicht hat, hält den Akt für schlichtweg einfallslos. Zumindest operiert Taccone oft mit diesen Gimmicks – mit der gruseligen Soft-Eighties-Musik, MacGrubers schrottigem Blaupunktradio, welches er überall mit hinschleppt, seinem roten, antiken Miata-Cabrio und natürlich immer wieder den Haaren. Vielleicht aber auch nur, weil die Geschichte aus der Feder der SNL-Autoren Will Forte, John Salomon und Regisseur Jorma Taccone so dumm und ereignislos ist, dass der Zuschauer ihr keinerlei Beachtung zu schenken hat. Auch wenn eine Parodie kaum mehr als eine rudimentäre Handlung benötigt, ist sie dennoch unbedingt auf spannende Charaktere angewiesen.
Und daran mangelt es dem Film ernsthaft. MacGruber selbst ist noch die interessanteste Figur. Aber auch dessen Herrlichkeit hat Grenzen, denn sonderlich sympathisch ist der heldenhafte Feigling, der sich gern hinter seinen Mitstreitern versteckt, nicht unbedingt. Will Forte hat auch nicht das Format, einen Kinofilm zu schultern. Und seine Co-Stars steuern zu wenig bei, um diesen Malus auszugleichen. Ryan Phillippe wirkt lustlos und erfüllt lediglich seine leidliche Pflicht; Kristen Wiig bekommt als Sidekick einige toughe Momente, die aber nie kriegsentscheidend ausfallen. Einigermaßen amüsant in seiner Teilnahmslosigkeit ist dagegen das Auftreten eines grotesk fetten Val Kilmer („Heat", „The Doors"). Der abgehalfterte Star hat seine besten Tage längst hinter sich und strahlt dieses Dilemma aus jeder Pore seines aufgedunsenen Gesichts aus.
Trotz der miesen Story und den wenig überragenden Darstellern weist „MacGruber" zeitweise einen gewissen Unterhaltungswert auf, weil es die kleinen, liebevollen Nebensächlichkeiten sind, die für Lacher sorgen. Mal ist es MacGrubers Obsession für ein Nummernschild, dann wieder die Auswüchse seiner Selbsterniedrigung, mit der er sich gelegentlich bei seinen Begleitern aus der Bedrängnis zu lavieren versucht. Ein weiterer Pluspunkt ist die Freiheit eines R-Ratings, das Taccone und Forte in vollen Zügen ausnutzen. „MacGruber" ist für eine Komödie erstaunlich brutal - es wird geschossen und getötet, da werden Hälse aufgeschlitzt, als wäre es ein Sport. Sicher hat das alles Comic-Relief-Charakter. Aber blutig ist das Geschehen allemal, was dem Streifen ein anarchisches Flair verleiht.
Der Humor fällt weitgehend niveaufrei und profan aus. Das garantiert aber auch die besten Momente des Films, wobei ein multifunktioneller Sellerie eine große Rolle spielt. Dieses Gemüse wird mit der richtigen Kombination von Kampf-Moves zur Geheimwaffe – vorausgesetzt, der Kombattant hat den Mumm, sich den Stengel anal einzuführen. Neben dem Aufblitzen grotesker Komik gibt es noch ein paar absurd-freche Szenen, zum Beispiel MacGrubers Sprengung seines ursprünglichen Teams. Doch dazwischen herrscht viel Leerlauf, der mit kaum funktionierenden Gags nur so gespickt ist. Inszenatorisch weist „MacGruber" kaum Kinoformat auf, die Action kommt nicht über TV-Standards hinaus, die Bilder sind weder spektakulär noch in irgendeiner Weise innovativ. Die Auswertung in den amerikanischen Lichtspielhäusern ist wohl eher der Marke „Saturday Night Live" („Wayne's World", „Blues Brothers") geschuldet, denn den Inszenierungskünsten Jorma Taccones.
Fazit: Die Kinoversion des „Saturday Night Live"-Sketches „MacGruber" stolpert über ihre lahme Story und den Mangel an interessanten Figuren. Einige komische Gags und lustige Eighties-Gadgets reichen nicht, die alberne MacGyver-Parodie effektiv auf Spielfilmlänge auszudehnen.