Es ergibt alles Sinn. Weil Tim Storys „Fantastic Four“ (2005) und seine Fortsetzung „Rise Of The Silver Surfer“ (2007) inzwischen den wenig schmeichelhaften Ruf von übertrieben-bonbonbunten Comic-Fehlschlägen genießen, sollte das Reboot nun unbedingt eine ganz andere Richtung einschlagen: düsterer, realistischer, weniger abgehoben. Gefunden wurde dafür mit Josh Trank auch ein logischer Anführer, immerhin hat der Beinahe-„Star Wars“-Regisseur schon in seinem vielbeachteten Debüt „Chronicle – Wozu bist du fähig?“ gezeigt, wie sich faszinierende Superhelden-Action erden lässt, ohne dass das große Spektakel deshalb zwangsläufig auf der Strecke bleiben muss. Aber nur weil die Neuausrichtung und die Personalentscheidungen Sinn ergeben, ist ein Gelingen noch lange nicht garantiert. Der neue „Fantastic Four“ hat eine dermaßen lange Exposition, dass man nach den ersten 60 tranigen Minuten zumindest einen gewaltigen Showdown als Ausgleich für all die wenig inspirierte Vorarbeit erwartet. Aber Pustekuchen: Das Finale ist ebenso enttäuschend wie der ganze Rest – und trotz des kolportierten 130-Millionen- Dollar-Budgets wirken die Effekte schon beim Kinostart hoffnungslos veraltet.
Der Schüler Reed Richards (Miles Teller) arbeitet mit Hilfe seines besten Kumpels Ben Grimm (Jamie Bell) seit Jahren an einer Teleportationsmaschine. Und tatsächlich machen sie erstaunliche Fortschritte – nur wo die hin und her teleportierten Spielzeugautos zwischendurch waren, das haben die Nachwuchswissenschaftler noch nicht herausgefunden. Da tritt Dr. Franklin Storm (Reg E. Cathey) auf den Plan: Der Leiter eines Programms für begabte Jugendliche, in dem er auch Reed einen Platz anbietet, hat mit seiner Tochter Sue Storm (Kate Mara) und seinem talentiertesten Schüler Victor Von Doom (Toby Kebbell) bereits herausgefunden, dass die Dinge nicht einfach nur an einen anderen Ort, sondern in eine andere Dimension transportiert werden. Mit ihren zusammengeworfenen Erkenntnissen entwickeln Reed und Victor eine Maschine, mit der sich auch Lebewesen teleportieren lassen. Aber noch bevor sie selbst die Vorrichtung ausprobieren können, droht die Regierung, die Leitung des Projekts zu übernehmen. Nun gilt es, schnell zu handeln…
Als die Fantastic Four endlich zu den Fantastic Four werden, sind drei Fünftel des Films bereits vorbei. Das muss natürlich nicht schlecht sein – ganz im Gegenteil: „Iron Man“ hat schließlich gezeigt, dass sich eine saubere Origin Story anschließend zigfach rentieren kann. Aber hier ist das alles einfach nur öde: Obwohl sie mit Miles Teller („Whiplash“), Michael B. Jordan („Creed“) und Kate Mara („House Of Cards“) die Crème de la Crème des Hollywoodnachwuchses zur Verfügung haben, ist Josh Trank und seinen Schreibpartnern Simon Kinberg („Jumper“) und Jeremy Slater („The Lazarus Effect“) für keine der Figuren etwas Bahnbrechendes oder auch nur irgendwie Interessantes eingefallen. Stattdessen bekommen wir lieblose Wissenschafts-Montagen in einem völlig unspektakulären Laborset geboten. Und weil das ja jetzt die ernsthaften Fantastic Four sein sollen, gibt es auch nicht die üblichen Frotzeleien, die andere Superhelden-Teams so unterhaltsam machen (im ganzen Film gibt es vielleicht drei zündende Pointen, das schaffen die Avengers pro Minute). Aber wenn man einen auf seriös und geerdet machen will, dann braucht es dazu eben spannende, ambitionierte Figuren (siehe „The Dark Knight“) und keine austauschbaren Klischee-Teenies, denen man zudem in keiner Szene abnimmt, dass sie die wissenschaftlichen Apparaturen um sich herum tatsächlich entworfen haben oder wenigstens bedienen können.
Nach der Rückkehr aus der anderen Dimension macht sich beim Publikum doch noch kurz Hoffnung breit: Während Reed an seiner Verantwortung für den Unfall zu zerbrechen droht, wird Ben (nun das Steinmonster The Thing) vom US-Militär für geheime Operationen eingesetzt, in deren Verlauf er Dutzende von Feinden eliminiert. Kommt jetzt endlich der erwartete düstere Comic-Film, in dem die (Anti-)Helden wie in „Chronicle“ an ihren neugewonnenen Superkräften scheitern? Nö! Das Zwischenspiel dauert lediglich 15 Minuten und dann ist auch alles direkt wieder gut. Ben schaut ein bisschen grimmig, aber ansonsten scheinen seine Opfer sein Gewissen nicht weiter zu belasten. Stattdessen wird nahtlos in den Showdown übergegangen: Dr. Doom sieht in seinem Ganzkörper-Gummianzug, der jeden mimischen Ausdruck unmöglich macht (= gesparte Kosten in der Postproduktion), aus wie der Bösewicht aus „Masters Of The Universe“ oder einem anderen Trashfilm aus den 1980ern. Zudem ist der Übergang der realen Sets zu den per Computer hinzugefügten Hintergründen so leicht zu erkennen, dass keine der Szenen in der anderen Dimension auch nur für einen Moment glaubhaft wirkt – solche Effekte sind eines Blockbusters des Jahres 2015 schlicht nicht würdig. Da ist es fast schon egal, dass das finale Duell derart wirr choreographiert ist, dass man kaum mitbekommt, was da gerade auf der Leinwand vorgehen soll.
Fazit: Bräsig, handwerklich mies und vollkommen uninspiriert.