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    Cars 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Cars 2
    Von Stefan Geisler

    Die Trickfilmschmiede Pixar hat seit ihrem Leinwanddebüt im Jahre 1995 mit dem Animationsspaß „Toy Story" eine schier unglaubliche Erfolgsgeschichte hingelegt. Nicht nur, dass keiner der nachfolgenden Filme an den Kinokassen floppte und man im Kampf um die Animations-Poleposition der Konkurrenz immer einen Schritt voraus war, nein, Pixars Werke kamen sowohl beim Publikum als auch bei Kritikern gleichermaßen gut an. Dabei war es vollkommen egal, ob die Akteure des Films nun Kinderschrecken („Die Monster AG"), Feinschmecker-Ratten („Ratatouille") oder rüstige Rentner („Oben") waren, der Charme der Pixar-Helden bleibt im Trickfilm unerreicht. 2006 jedoch kam mit John LassetersCars" ein Film dazu, der im Kontext des grandiosen Studio-Oeuvres nicht restlos überzeugte - und das, obwohl der Protagonist eigentlich ein absoluter Kinderliebling ist. 2011 feiern Lightning McQueen (Synchronstimme: Owen Wilson) und seine rostigen Autobuddys nun ihr Kino-Comeback. Wieder führt Lasseter Regie, wobei ihm diesmal Brad Lewis unter die Arme greift, und wieder punktet der Film mit einer hochklassigen Synchro-Besetzung. „Cars 2" bietet einen fröhlich-bunten Mix aus rasanten Rennszenen und kindgerechten Spionage-Elementen. Die Mischung aus „James Bond" und „The Fast and the Furious" im Pixar-Design ist ein fröhlich-überdrehtes Animationsabenteuer, dessen einzelne Elemente leider nie richtig miteinander harmonieren. So fährt „Cars 2", das die Drehbuch-Schwächen seines Vorgängers geerbt hat, trotz Genre-Rundumerneuerung einmal mehr nicht auf gewohntem Pixar-Niveau.

    „Radiator Springs – Heimat von Lightning McQueen", dieses Schild schmückt inzwischen den Eingang des kleinen verschlafenen Wüstenkaffs. Nach seinem unfreiwilligen Zwangsaufenthalt im verschrobenen Nest hat Lightning McQueen (Owen Wilson) hier inzwischen sein großes Glück gefunden. Zusammen mit Freundin Sally (Bonnie Hunt) genießt er romantische Abende und schlägt mit seinem besten Freund Hook (Larry The Cable Guy) gern mal über die Stränge. Als er das Angebot erhält, am World Grand Prix gegen die Crème de la Crème der internationalen Rennfahrer-Elite teilzunehmen, willigt der rote Rennflitzer sofort ein. Denn McQueen hat noch keine Herausforderung gescheut, besonders nicht dann, wenn ein Rennen gegen den überheblichen Ferrari Francesco Bernoulli (John Turturro) auf dem Programm steht. Also schnappt sich McQueen seinen besten Freund Hook und macht sich auf den Weg zum Rennen seines Lebens, nicht ahnend, auf welches Abenteuer sie sich dabei einlassen...

    Die größte Überraschung von „Cars 2" dürfte der unerwartete Wechsel der Hauptfigur sein. Stand im ersten Teil noch vorwiegend die Wandlung des roten Flitzers McQueen vom städtischen Großkotz zum sympathischen Kleinstadthelden im Vordergrund, so rückt diesmal der so schlichte wie herzensgute Abschleppwagen Hook in den Mittelpunkt des Geschehens. Denn während sich McQueen in gewohnt rasanter Manier Kopf-an-Kopf-Rennen mit Rennautos aller Nationen liefert, ist es Hook, der in einen wahren Spionage-Thriller hineinstolpert und kurzerhand seine Fähigkeiten als Geheimagent unter Beweis stellen muss. So ganz möchte John Lasseter sich aber nicht von Lightning McQueen als Handlungsträger verabschieden. So pendelt „Cars 2" zwischen unterhaltsamem Spionage-Klamauk mit Südstaaten-Hook und perfekt in Szene gesetzten Renn-Elementen mit McQueen hin und her, ohne dass sich beide Teile zu einem kohärent Ganzen verbinden.

    Gewohnt großartig ist die technische Umsetzung von „Cars 2". So bestaunt man in einem Moment noch die zauberhaft animierte italienische Landschaft, nur um sich im nächsten Moment auf dem detailverliebt umgesetzten Pariser Großmarkt wiederzufinden. „Cars 2" ist ein virtueller Trip um die Welt; vor allem die pointiert im typischen „Cars"-Look dargestellten nationalen Klischees und Monumente amüsieren und unterhalten blendend. Abgerundet wird das visuelle Spektakel durch eine hervorragend eingesetzte 3D-Technik, die sich harmonisch in die wunderbare Bilderwelt einfügt. „Cars 2" hat eine Tiefe und Raumwirkung, die den allermeisten 3D-Realfilmen abgeht.

    Wie in fast jedem Pixar-Film sind auch diesmal wieder die Synchronsprecher das Herzstücks des Films. Owen Wilson („Der fantastische Mr. Fox") gibt eine solide Vorstellung als Lightning McQueen, muss diesmal aber für Larry the Cable Guy („Beschützer wider Willen") die Bühne räumen. Mit kaum verständlichem texanischem Akzent murmelt und grunzt sich Abschleppwagen-Hook durch die Welt, dass es eine wahre Freude ist. So ist diese alte Rostkarre mit seinen ganzen Macken, Ecken und Kanten im Endeffekt um Längen sympathischen als der ewig glatte Siegertyp Lightning McQueen.

    Neben diesen beiden Alpha-Wagen überzeugen auch die Sprecher aus der zweiten Reihe. So spricht Thomas Kretschmann („Dschungelkind") den üblen deutschen Professor Z, ein herrlich bösartiges Auto mit Monokel und Halbglatze, der wie eine Mischung aus Doktor Seltsam und Goldfinger anmutet. Auf der anderen Seite ist es Michael Caine („The Dark Knight"), der als schnittiges Spionage-Mobil Finn McMissile im Auftrag ihrer Majestät gegen eine internationale Verschwörung ankämpft und dabei nicht nur durch ein außerordentliches Repertoire an nützlichen Gadgets, sondern besonders durch seinen britischen Akzent heraussticht.

    Doch unterm Strich reichen all diese Qualitäten nicht, um „Cars 2" in die Liga der Pixar-Meisterwerke aufschließen zu lassen. Es fehlt die emotionale Tiefe, die Filme wie „Toy Story 3" und „Wall-E" so besonders macht. Leider sind viele Figuren stereotyp gehalten und so viel weniger ausdifferenziert als die großen Pixar-Helden, dass man sich nie ganz in „Cars 2" verlieren kann. Dennoch ist der tricktechnisch perfekte und humorvolle Film mit seinen rabiaten Kampfszenen und wilden Verfolgungsjagden zweifelsfrei ein lohnendes Kino-Erlebnis. Ob Pixar im nächsten Jahr mit „Merida - Legende der Highlands" ein neues Meisterwerk zaubern kann, und wie sich das angekündigte Prequel zu „Die Monster AG" entwickelt, das werden die nächsten Jahre zeigen. Die Pixar-Messlatte liegt weiterhin hoch, doch die DreamWorks-Konkurrenz holt auf – an „Drachenzähmen leicht gemacht" und „Kung Fu Panda 2" reicht „Cars 2" leider nicht heran.

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