Als John Lennon am 8. Dezember 1980 durch den psychisch labilen Arbeitslosen Mark Chapman in New York ermordet wurde, begann im Verhältnis zwischen Medien, Öffentlichkeit und Prominenz eine neue Zeitrechnung. Das Attentat führte der Welt vor Augen, wie schnell sich Huldigung und Verehrung in destruktiven Hass verkehren können, wenn ein fanatischer Verehrer sich von seinem Idol zurückgesetzt fühlt. Die jüngere Vergangenheit kennt viele dieser Geschichten. Und bisweilen lassen diese die Trennschärfe zwischen Verbrechen eines verwirrten Einzeltäters und gezieltem Publicity-Stunt eines nach Anerkennung gierenden Stalkers vermissen - so wie in Martin Scorseses seinerzeit verschmähtem Glanzstück „The King of Comedy", in welchem ein erfolgloser Comedy-Quereinsteiger auf genau diese Weise ins Rampenlicht zu treten versucht.
Jede Nacht flimmert die Show des Star-Entertainers Jerry Langford (Jerry Lewis) über die Bildschirme. Wer hier zu Gast ist, hat es im Showbusiness zu etwas gebracht. Für den aalglatten Nachwuchskomiker Rupert Pupkin (Robert De Niro) ist das landesweit ausgestrahlte Programm gerade gut genug für seine ersten Schritte in der Unterhaltungsindustrie. Nachdem Rupert Langford eines Abends vor Mascha (Sarah Bernhardt), der Stalkerin des TV-Stars, beschützt, will er als Gegenleistung einen Auftritt in der Show ergattern. Doch Rupert wird an die Studio-Bürokratie verwiesen, wo dem Möchtegern-Comedian freundlich aber nachdrücklich erklärt wird, für einen Auftritt dieser Größenordnung noch nicht bereit zu sein. Als es dann schließlich zur Konfrontation zwischen Rupert und Langford in dessen Sommerhaus kommt, fasst der Geschasste einen folgenschweren Entschluss...
In den vergangenen Jahren war immer wieder über eine Wiederbelebung der Arbeitsbeziehung zwischen den Hollywood-Ikonen Robert De Niro („Der Pate II") und Martin Scorsese („Shutter Island") spekuliert worden – bislang wurde daraus nichts. In ihrer gemeinsamen Filmographie tummeln sich zeitlose Klassiker wie „GoodFellas" oder „Wie ein wilder Stier", aber auch weniger beachtete Streifen wie „New York, New York" oder eben „The King of Comedy". Letzterer sollte 1983 ein neues thematisches Kapitel im Wirken des Gespanns aufschlagen. Allein, an den Kinokassen konnte die Produktion nicht überzeugen. Das Publikum war an schonungslose Halbwelt-Milieustudien gewöhnt, die Mischung aus hintergründiger Mediensatire und tragischem Lustspiel hingegen wurde weitestgehend ignoriert.
Bereits die Verpflichtung von Comedy-Legende Jerry Lewis („Eine Total, Total verrückte Welt") als Moderator Jerry Langford war ein echter Coup. Ursprünglich waren Late-Night-Ikone Johnny Carson sowie Sammy Davis Jr., Frank Sinatra und Dean Martin angefragt worden, ehe man sich auf Lewis einigte. Und der einstige Blödel-Star nimmt die Gelegenheit wahr, sein Schauspieltalent in einer anspruchsvollen Scorsese-Rolle geltend zu machen. Wie ihm indes die Arbeit an einem Scorsese-Set bekommen ist, darüber kann nur spekuliert werden. Angeblich sollen De Niro und Scorsese den praktizierenden Juden Lewis mit antisemitischen Sprüchen gegen sich aufgebracht haben, um ihn in eine rollengerechte Stimmung gegen seinen Konterpart zu versetzen. Ob Wahrheit oder Legendenbildung, diese Story findet ihre Entsprechung im Image De Niros als versessener Method Actor, der keine Linie zwischen anvertrauter Rolle und eigener Persönlichkeit zu ziehen bereit ist und auch in „The King of Comedy" wieder glänzt.
Die Charakteristika Langfords und Pupkins scheinen dabei unterschiedliche Stadien der gleichen Entwicklung zu repräsentieren. Während ersterer sich als biederer, weitgehend humorloser Jedermann erweist, befasst sich sein Möchtegern-Protegé von geradezu frommer Ernsthaftigkeit erfüllt mit der Komödie. Die soziopathische Mascha glaubt in Langford ihren Traummann gefunden zu haben, der ihr die Liebe gibt, die sie von ihren Eltern nie erfahren hat. Rupert hingegen will sein Idol nicht nur kopieren, er möchte Langford sein. Mehr noch; er möchte ihn ersetzen, überflüssig machen. In seinen Tagträumen malt der Comedy-Usurpator sich aus, wie Langford den erfolgreichen und trotzdem geerdeten Pupkin in der Öffentlichkeit eines Restaurants bekniet, seine Sendung nur für sechs Wochen als Gastmoderator zu übernehmen. Als ein weiblicher Fan an den Tisch kommt, gibt sich Rupert freundlich und bereitwillig, während die Autogrammjägerin den ausgebrannten Langford komplett ignoriert.
Diese Fantasien erlauben Einblicke in eine von sich selbst eingenommene und dabei tief verunsicherte Persönlichkeit. Am Ende bleibt der Zweifel darüber bestehen, ob sich der selbsternannte „King of Comedy" nicht so sehr in seine Phantasmen vertieft hat, dass er Realität und Wachtraum nicht länger trennen kann. Irgendwo zwischen den Genregrenzen angesiedelt, kündet der Film von Vereinzelung und Entfremdung in der modernen Gesellschaft. Gleichzeitig erlaubt er eine ironische Distanzierung des Zuschauers. Ein Lachen, das im Falle des gefährlichen Einzelgängers Travis Bickle aus „Taxi Driver" sicherlich im Halse hätte stecken bleiben müssen, ist hier erlaubt und erwünscht. Mit ihrem fünften Zusammenwirken haben Scorsese und De Niro ausgezeichnet inszeniertes, überragend gespieltes und relevantes Kino produziert – und das nicht minder, nur weil der spannende, komische und tragische Film im Oeuvre des Duos oft wenig zu gelten scheint.