Zuerst stand er im Ring, dann auf der Bühne und jetzt vor der Kamera. Die Rede ist von WWE-Champion John Cena, der seine Karriere als Wrestler begann, dann ein Rap-Album aufnahm und mit „Zwölf Runden“ nun seinen zweiten Kinofilm abgedreht hat. Regie führt Renny Harlin, der hier nach Stirb langsam 2 endlich mal wieder beweist, wie hervorragend er Explosionen und Crashs in Szene setzen kann. Aufgrund des rasanten Tempos dieses realitätsfernen Actionfeuerwerks bleibt Cena allerdings kaum Zeit zum Schauspielen. „12 Runden“ ist ein unterdurchschnittlicher Testosteron-Blockbuster voller Verfolgungsjagden und Krachbumm, aber ohne Substanz.
Als Polizist Danny Fisher (John Cena, The Marine) einen Multimillionen-Dollar-Coup vereitelt und dabei den Topterroristen Miles Jackson (Aiden Gillen, Shanghai Knight) eher zufällig verhaftet, verunglückt dessen Freundin bei einem Fluchtversuch tödlich. Jacksons Rache lässt trotz Gefängnisstrafe nicht lange auf sich warten. Er bricht aus und kidnappt Dannys Verlobte Molly (Ashley Scott, Operation: Kingdom). Wenn Danny, der dank seiner heldenhaften Tat zum Detective aufgestiegen ist, seine Liebste lebend wiedersehen will, muss er zwölf quer durch die Stadt verteilte Aufgaben bewältigen. Während Danny sein Leben aufs Spiel setzt, um die Bevölkerung von New Orleans vor Jacksons Anschlägen zu schützen und seine Verlobte zu retten, verfolgt das FBI andere Pläne...
„Zwölf Runden“ ist einer dieser Filme, die irgendwann an Feiertagen im Nachmittagsprogramm laufen: Ein völlig belangloser, mittelmäßig spannender Actioner, der vor allem mit kreativen Explosionsszenarien, gekonnten Stunts und seinem muskelbepackten Hauptdarsteller unterhält. Doch John Cena ist eben kein Jason Statham. Danny wirkt zwar jederzeit sympathisch, aber das ist auch schon die einzige Emotion, die Cenas Spiel rüberzubringen vermag. Dessen Einschätzung, er müsse in der Rolle des heldenhaften Polizisten irgendwie einfach nur sich selbst spielen, war entweder nicht ganz akkurat, oder der Wrestling-Star zeigt auch privat weniger emotionale Regungen als eine Actionfigur aus Plastik. Im Verlauf der mehr als 100-minütigen Laufzeit hält Cena meist stur sein All-American-Boy-Gesicht in die Kamera und sieht aus einigen Blickwinkeln aus wie Matt Damon auf Steroiden.
Vor zwei oder drei Dekaden wäre ein Film mit einem so atemlos dahinrasenden Plot und einem Möchtegern-Arnold-Schwarzenegger sicherlich ein großer Erfolg gewesen. John Cena schien darauf zu hoffen, dass diese Rechnung auch im Jahr 2009 noch aufgeht: „In den 80ern waren Jedermänner’ als Helden voll angesagt, Typen wie Bruce Willis in Stirb langsam eben. Wenn mich jemals jemand zu diesem Club dazu zählt, dann habe ich wirklich alles richtig gemacht.“ Da sich aber heute trotz grassierendem Remake-Fieber nur die Wenigsten nach den goldenen Zeiten von Seagal (Einsame Entscheidung), Schwarzenegger (Terminator) & Co. zurücksehnen, dürfte dieser Traum schnell zerplatzen. Aidan Gillen wirkt als charismatischer Entführer mit kreativer Ader auf jeden Fall sehr viel cooler als Danny, auf dessen Seite das Publikum eigentlich stehen sollte.
Drehbuchdebütant Daniel Kunka zog zusammen mit Produzent Josh McLaughlin (Talk To Me) aus, den Actionfilm für das heutige Publikum neu zu erfinden. Kunkas Idee, eine Art moderne Version der zwölf göttlichen Aufgaben des Herkules neu zu verfilmen, ist ja an sich auch ganz nett. Aber wo es für Herkules um Schuld und Sühne ging, versucht der ähnlich muskelprotzige Danny lediglich, seine Holde aus den Klauen des Bösewichts zu befreien. Regisseur Harlin bringt es auf den Punkt: „Das Skript platzte fast vor Action. Sogar der Dialog fand im Laufen statt. Es gibt keinen Moment des Innehaltens, der Ruhe.“ Dieser überbordende Aktionismus führt schließlich dazu, dass „Zwölf Runden“ nach relativ starkem Beginn nach etwa der Hälfte der Spielzeit zu taumeln beginnt und im letzten Drittel, wenn der Zuschauer sich an das ständigen Boom! von Explosionen und Karambolagen gewöhnt hat, schließlich K.O. geht.
Produzent Mark Gordon (The Messenger, The Day After Tomorrow) hat vor Jahren durch sein Vertrauen in den damals völlig unbekannten Drehbuchautor Graham Yost mit Speed eine Mega-Hit gelandet, der heute zu den Klassikern des Action-Genres zählt. „Zwölf Runden“ dürfte hingegen kein derart glamouröses Schicksal beschieden sein. Trotz Harlins Gespür für Schwung und Timing, einer grundsätzlich guten Story-Idee und einem passablen Actionhelden überzeugt „Zwölf Runden“ immer nur dann, wenn gerade etwas in die Luft fliegt.
Fazit: „Zwölf Runden“ ist streckenweise spannend und wartet mit straff inszenierter Action auf, doch der atemlose Plot ist Gift für einen derart unerfahrenen Schauspieler wie Wrestling-Star John Cena. Um wie seine Idole Bruce Willis oder Arnold Schwarzenegger verehrt zu werden, ist er einige Jahrzehnte zu spät dran. Sein offensichtliches Ziels, mittels Sport-, Musik- und Schauspielkarriere zum nächsten Hulk Hogan zu avancieren, sollte Cena besser frühzeitig aufgeben. Denn einen Wrestler zur Hauptfigur eines Films zu machen, ist nur dann oscarverdächtig, wenn er von Mickey Rourke gespielt wird.