Als John Carpenter 1978 mit Halloween den Prototyp des Slasher-Films schuf und so das Goldene Zeitalter des Genres einläutete, deutete bereits der Titel auf eine Genreregel hin: Gemordet wird am liebsten an Feiertagen. In der Folge machten Killer an Silvester („New Year’s Evil“), am Muttertag („Mother’s Day“) und natürlich an Weihnachten („Silent Night, Deadly Night“, Black Christmas) Jagd auf arglose Teenager. Auch bei den beiden neben „Halloween“ bekanntesten Filmen dieser Ära steht ein bestimmtes Datum im Mittelpunkt: In Freitag der 13. rächt Jason Vorhees' Mutter ihren ertrunkenen Sohn an besagtem Unglücktag und in „Blutiger Valentinstag“ verteilt ein Grubenarbeiter am Tag der Liebenden mit menschlichen Herzen gefüllte Pralinenschachteln. Nachdem im Januar bereits Jason in einer Mischung aus Remake und Reboot zurück auf die Leinwand katapultiert wurde, bekommt nun auch „Blutiger Valentinstag“ eine Frischzellenkur spendiert. Dabei ist Patrick Lussiers „My Bloody Valentine 3D“ nicht nur als Slasher-Film der alten Schule deutlich besser als die Freitag-Neuinterpretation gelungen, sondern wartet zudem noch mit einem besonderen technischen Schmankerl auf: In den passenden Kinos wird das Schlachtfest vollständig in 3D gezeigt, was den Unterhaltungswert ungemein steigert.
Im beschaulichen Städtchen Harmony sterben bei einer Methangasexplosion vier Bergarbeiter. Am darauffolgenden Valentinstag erwacht Harry Warden (Richard John Walters), der das Unglück überlebt hat, aus dem Koma und metzelt noch am selben Tag 22 Menschen nieder. Anschließend verschwindet er schwer verletzt in einem verlassenen Stollen. Zehn Jahre später kehrt Tom Hanniger (Jensen Ackles), der für das Grubenunglück mitverantwortlich war und Warden bei dessen Amoklauf nur knapp entwischt ist, in sein Heimatdorf zurück, um mit dem Verkauf der Mine, die er von seinem Vater geerbt hat, einen endgültigen Schlussstrich unter seine Vergangenheit zu ziehen. Doch schon kurz nach seiner Ankunft wiederholt sich der Albtraum: Erneut ermordet ein maskierter Täter zahlreiche Bewohner Harmonys mit einer Spitzhacke. Für Sheriff Axel (Kerr Smith), der inzwischen Toms frühere Freundin Sarah (Jaime King) geheiratet hat, zählt der Zurückgekehrte zu den Hauptverdächtigen…
Schon vor den Credits macht Regisseur und Wes-Craven-Zögling Patrick Lussier (Dracula, Cutter von Scream) deutlich, wohin die nächsten 100 Minuten führen sollen: Bereits in seinen Anfangsminuten zelebriert „My Bloody Valentine 3D“ einen Bodycount, den vergleichbare Genreproduktionen über ihre gesamte Laufzeit hinweg nicht erreichen. Von Beginn an präsentiert sich der Film so als ultraharter Slasher, der keinerlei Kompromisse eingeht. Zur Etablierung der Hauptfiguren, die von den Serien-Schönlingen Jensen Ackles („Supernatural“, „Smallville“) und Kerr Smith („Dawson’s Creek“, „Charmed“) sowie Jaime King (Sin City) hinreichend sympathisch verkörpert werden, nimmt der Regisseur dann zwar kurzzeitig den Fuß vom Gaspedal, mit kontinuierlich eingestreuten Attacken des Killers hält Lussier aber auch in dieser genretypisch etwas ruhigeren Phase das Tempo recht hoch und vermeidet so etwaige Längen. Nebenbei überdeckt die rasante Erzählweise auch geschickt, dass die Story ohne jegliche Originalität auskommt und die Figuren mitsamt ihren persönlichen Verstrickungen vollkommen austauschbar bleiben - auch wenn hier zur Abwechslung mal keine Jagd auf Teenager, sondern auf Erwachsene gemacht wird.
Aber seien wir ehrlich: Fans beurteilen Slasher vorrangig nach anderen Kriterien – und da trumpft „My Bloody Valentine 3D“ dann richtig auf. Lussier weiß genau, was seine männliche, Gore-geile Zielgruppe sehen will. Er zeigt etliche kreative Tötungsszenarien, die weit über das übliche Messer-in-den-Hals-Rammen hinausgehen und auch für heutige Verhältnisse (High Tension, Inside, Martyrs) einen beachtlichen Härtegrad aufweisen. Höhepunkt ist eine der wohl denkwürdigsten Nacktszenen der Horrorfilmgeschichte, in der Betsy Rue (Nach 7 Tagen – Ausgeflittert) mehrere Minuten lang splitterfasernackt - in 3D (!) - um ihr Leben rennt. Lussier weicht oft vom Original ab, zum Beispiel was die Identität des Täters angeht. So verleiht er seinem Remake die nötige Eigenständigkeit. Die Ausgangssituation und viele direkte Anspielungen (etwa die Tote im Wäschetrockner) halten dennoch jederzeit die Erinnerung an den Vorgänger wach. Vor allem aber hält sich der Film nicht mit Nebensächlichkeiten auf: „My Bloody Valentine 3D“ ist reinstes Unterhaltungskino ohne zusätzlichen Schnickschnack oder doppelte Böden, das seine Stärken konsequent ausspielt und seine Schwächen geschickt unter einem Blutschwall verbirgt.
Und dann wäre da noch der 3D-Aspekt. „My Bloody Valentine 3D“ ist nach dem Jules-Verne-Abenteuer Reise zum Mittelpunkt der Erde erst der zweite Spielfilm, der sich der neuen Real-3D-Technik bedient. Diese wird auch im kommenden, mit Spannung erwarteten James-Cameron-Film Avatar zum Einsatz kommen und stellt gerade in Sachen Schärfe und Bildrate einen großen Fortschritt gegenüber älteren Verfahren dar. Dementsprechend beeindruckend ist die Tiefenwirkung der dreidimensionalen Bilder. Der Großteil der Szenen geht dabei in die Leinwand hinein, wobei immer wieder auch einzelne Objekte aus ihr heraustreten. Das beginnt mit kleinen Spielereien wie dem Lauf einer Schrotflinte, der sich direkt auf das Publikum richtet, und endet mit der tatkräftigen Unterstützung der Schockeffekte: Eine Spitzhacke wirkt eben noch um ein Vielfaches bedrohlicher, wenn sie aus der Leinwand heraus auf den Zuschauer zukommt. Und herumfliegende Körperteile sind auch reichlich vorhanden.
„My Bloody Valentine 3D“ funktioniert auch ohne seinen 3D-Bonus ganz anständig. Zur Partyattraktion wird der Reißer aber erst durch die gelungene Umsetzung der 3D-Technologie. Fans des Genres, denen sich die in Deutschland eher rare Möglichkeit bietet, den Film in dieser Fassung zu sehen, sollten daher – auch trotz der höheren Eintrittspreise für 3D-Vorstellungen - unbedingt zuschlagen.